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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #129 vom 22.11.1998
Rubrik Feature

Manfred Horak's Folk-Check

Als Tom Paxton beim Rocky Mountains Folk Festival 1997 seinen Ein-Wort-Song über die Republikaner zum Besten gab, wurde den Zuhörern gewahr, daß politische Folk-Songs doch noch existieren, aber Tom Paxton ist ein alter Mann und die jungen Folkies - die Youngsters oder Young Stars - haben die Alten längst vereinnahmt und verdrängt, und die Jungen beschreiten auch neue Wege, vielfach unpolitischer Natur, wenn auch weiterhin gesellschaftskritische Momente überwiegen. Aus dem übervollen Topf der Folk-Neuerscheinungen seien an dieser Stelle nun ein paar herausgezogen...


Ramblin' Jack Elliott "Friends Of Mine"

(CD; Hightone)

Ramblin' Jack Elliotts Neuling wurde "Friends Of Mine" betitelt, und um die Verkaufszahlen ein wenig zu heben, wurden einige seiner Sympathisanten dafür auch ins Studio geladen. Auf's Name-Dropping wird bewußt verzichtet - nur so viel: Bob Dylan war nicht mit ihm im Studio, dafür singt Ramblin' Jack Elliott zwei Alt-Songs von ihm ("Walls Of Red Wing" und das wunderbare "He Was A Friend Of Mine") um zum Abschluß mit dem einzigen Ramblin' Jack Elliott-Original ein Lied über den Jahrhundertkünstler zu intonieren ("Bleeker Street Blues", anläßlich Dylans Herzschmerzen, die ihn 1997 ins Spital beförderten). Elliott trug seine damit verbundenen Sorgen ins Studio und heraus kam tatsächlich ein herzergreifender Song. Der Rest sind Traditionals, Woody Guthrie-, Grateful Dead-Songs undundund. Der Alte weiß, wie man gut aus dem Vollen schöpfen kann und seine Freunde sind auch nicht ohne! [mh: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Kate McDonnell "Next"

(CD; Waterbug)

Kate McDonnell präsentiert mit "Next" gehobene Qualität. Die hierzulande leider Unbekannte spielt phantastische Songs mit einer phantastischen Gruppe sparsam instrumentiert live im Studio ein (alle in einem Raum - One Take!). Da ist z.B. die Story über eine ehemalige Mitschülerin, die mit dem Hiroshima-Bomber "Enola Gay" nicht nur den Namen gemein hat, sondern auch entsprechend menschliche Verwüstungen am Schulhof und Schulweg anstiftete ("...but there is forgiveness/ and another day/ oh lord have mercy/ on Enola Gay..."). Gerade bei diesem Song hätte sehr viel schieflaufen können, aber die Holzhammermethode bleibt uns zum Glück erspart und das Stück ist sowohl textlich als auch musikalisch vollauf gelungen. Jedes Lied stellt eine andere True Story dar - keinerlei Füllwerk, sondern gut funktionierende Folk-Songs mit kaum hörbarem Country-Einschlag. Kate McDonnells Stimme ist kräftig, die "Produktion" hat zum Glück Kanten, daher fehlt der nicht notwendige Feinschliff und die Repeat-Taste ist hier eine wirklich gelungene Erfindung. [mh: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Suzy Roche "Holy Smokes"

(CD; Red House)

Dieses Album von Suzy Roche (do you remember The Roche Sisters bzw. The Roches?) ist Mittelmaß. Der Beginn ist witzig ("My My Broken Heart"), dann geht's eine Spur langsamer in Richtung Sad Songs die hauptsächlich fad wirken und erst gegen Ende der CD mit den Titeln "Lightning Storm" und vor allem mit dem süßen (nicht süßlichen!) "Pink Ballet Slippers", das durchaus McGarrigle-Qualität zeigt, kommen wieder versöhnliche Gefühle hoch. Da helfen auch die großartigen Musiker leider nichts (Larry Campbell, David Mansfield u.a.) - das Drehbuch ist schwach. [mh: @@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Rachel Bissex "I Used To Be Nice"

(CD; Alcazar)

Auch diese Dame könnte in Europa etwas mehr Publikum vertragen. "I Used To Be Nice" ist für mich eine der gelungensten CDs des Jahres 1998, zumindest in der Sparte Folk. Bereits das Eröffnungslied "In The Middle" zeigt, wo es langgeht: Mit einem äußerst sparsamen Arrangement (Guitar, Bass, Drums), einem wunderbaren Rhythmus und einer echten Folk-Stimme schaffte sie es auch, echte Folk-Songs sehr traditionell aber nicht hausbacken klingen zu lassen. Hohe Melodienqualität, gekonnt verfaßte Texte, die viel Privates und ebensoviel Gesellschaftskritik beinhalten ohne jemals penetrant oder aufgesetzt zu wirken. Im Wesentlichen besteht die CD aus Highlights, sei es ihr "Royal Blues" (im Duett mit der in den USA derzeit zurecht sehr beliebten Dar Williams), "In The Magazines" oder das verzaubernde "What's Right" aus der Sicht einer Stripperin ("...if I was Demi Moore/you'd all be crowding around me/... /instead of criticising..."). Eine angenehmere Überraschung als Rachel Bissex kann einem Musikfan nicht passieren. [mh: @@@@]


Cry Cry Cry "Cry Cry Cry"

(CD; Razor & Tie)

Die All-Star-Folk-Group mit der Folk-Queen Dar Williams, Lucy Kaplansky und Richard Shindell enttäuschte leider die doch sehr hoch gesteckten Erwartungen, zudem "Cry Cry Cry" eine reine Cover-Versionen-Platte ist und in diesem Genre sind Folk-Interpreten ja nicht die schlechtesten. Sie versuchten sich also am Mythos Americana anhand neuerer Folk- und Folk-ähnlicher Songs und sind gescheitert. R.E.M. ("Fall On Me") wird ebenso gecovert wie Robert Earl Keen ("Shades Of Grey") und andere, die Songs sind vermutlich auch nicht das Übel an dieser CD, vielmehr die Herangehensweise, die Bearbeitung des Materials. Was noch gut kommt, ist der (einzige) Gospel "Lord, I Have Made You A Place In My Heart" von Greg Brown. Ansonsten: Fad Fad Fad. Bryan Ferrys "Taxi" ist ein Beispiel, wie Cover-Versionen klingen sollten. "Cry Cry Cry" könnte eine Warnung an andere Künstler sein, was man Fremd-Material nicht antun darf. Und das ist doch eigentlich auch schon was Positives. [mh: @]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Sinéad Lohan "No Mermaid"

(CD; Grapevine)

Die langerwartete zweite CD der Irin nach ihrem grandiosen Debüt "Who Do You Think I Am" (1995)! Sie erweiterte nun ihre spröden Arrangements und fährt mit voller Besetzung ins Rennen um die Gunst neuer Hörer. Der Einstieg, das von ihren Live-Konzerten bereits bekannt-beliebte "No Mermaid" wurde ja auch von Joan Baez gecovert und ist nicht mehr und nicht weniger als ein sogenannter Ohrwurm. Derzeit tourt sie mit großem Erfolg durch die Staaten, die Konzerte in Europa wurden aus diesem Grunde auch auf 1999 verschoben. Sinéad Lohan ist eine äußerst talentierte Texterin, mit Zeilen wie "...this century will fall down/ we always thought it was a queen/ but it's just a crown..." (aus: "Diving To Be Deeper") und ähnlichen Aussprüchen fasziniert sie immer wieder von neuem. Musikalisch beschritt sie seit Beginn die Pfade Rickie Lee Jones' und ist doch keine Kopie, viel eher eine wertvolle Ergänzung. [mh: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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