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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #436 vom 16.05.2005
Rubrik Kolumne

Sal's Prog Corner #43

Nachdem der letzte Überblick schon zwei Monate her ist, gibt es eine Menge Neuerscheinungen im Sektor, die es zu begutachten gilt, zumal auch die Festival- und Konzertsaison angelaufen ist. In diesem Zusammenhang sei besonders auf das stets vorzüglich besetzte "Freakshow Artrock Festival" am 26.6.2005 in Würzburg verwiesen, das dieses Jahr mit 7for4 (D), After Crying (HUN) und Present (B), möglichweise mit noch weiteren Acts aufwarten wird.
Wie immer, viel Spaß beim Lesen und wir sehen uns bei der "Freakshow".
Keep on proggin'! [sal]


Porcupine Tree "Deadwing"

New Artrock – Immer noch Englands bestgehütetes Rockgeheimnis
(CD; Atlantic)

Seit Jahren schon warte ich auf den großen Durchbruch der Truppe um Mastermind Steven Wilson und womöglich werde ich auch diesmal vergeblich darauf warten, dass Porcupine Tree wirklich groß herauskommen. Vielleicht sind die guten Zeiten für Artrock-Bands endgültig vorbei, aber wenn es in diesem Genre eine Band gibt, die den Durchbruch wirklich verdient hätte und die vor allem mehrheitstaugliches Material dazu hätte, dann wäre es mit Bestimmtheit dieses britische Quartett.
Insgesamt weniger Metal-lastig als auf "In Absentia" und deutlich melodischer als auf "Lightbulb Sun" präsentieren Porcupine Tree auf "Deadwing" ihre in den Zutaten schon gewohnte Mischung aus Progrock, psychedelischen Elementen, radiotauglichen Melodien mit ironischen oder introspektiven Texten und hinreißenden Chören. Wie immer sind sie dabei musikalisch und klangtechnisch über alle Zweifel erhaben und kommen auf "Deadwing" für meinen Geschmack wieder etwas lebendiger und wärmer als auf dem Vorgänger "In Absentia" rüber. Eine der wichtigsten Veröffentlichungen des Jahres. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


K² "Book Of The Dead"

Konzeptalbum – Große Namen machen noch kein Album
(CD; Progrock)

K² (gelesen "K squared") ist die Band des leidlich bekannten Bassisten und Keyboarders Ken Jaquess (ex-Atlantis), der mit seinem Debüt "Book Of The Dead" ein Konzeptalbum zum altägyptischen Buch des Todes (sic!) vorlegt. Begleitet wird Jaquess von diversen mehr oder minder illustren Gästen wie dem Spock's Beard Keyboarder Ryo Okumoto, dem Jazz-Rock-Gitarristen par excellence Allan Holdsworth und der versierten, aber völlig unbekannten Violinistin Yvette Devereaux. Als Sänger ist der erst kürzlich verstorbene Shaun Guerin zu hören, dessen Timbre manchmal erstaunlich an das des jungen Peter Gabriel erinnert.
Trotz guter personeller Voraussetzungen will das kopflastige Album nicht so recht zünden. Das liegt zum einen am klischeebeladenen Thema, das auch noch mit plakativ-peinlichen Texten ausgestaltet wird, zum anderen fehlt es dem Album trotz guter Musiker deutlich an musikalischem Druck, eigenständiger Kreativität und an Homogenität. K² ist, trotz aller gegenteiliger Beteuerungen, keine echte Band, sondern eine Ansammlung von Einzelmusikern; das Album ist selbst in seinen besseren Momenten niemals mehr als Ware von der Stange. [sal: @@]


Finnegans Wake "4th"

Quelle: http://www.carbon7.com

Avantgarde – Ein Belgier in Brasilien
(2CD; Carbon7)

Der belgische Keyboarder und Saxophonist Henry Krutzen galt mit seinen bisherigen Veröffentlichungen, sei es als Solist, sei es mit seiner Band Finnegans Wake, als eine der Speerspitzen der belgischen Avantgarde, dessen Musik zwar der seiner Landsleute von Present und Univers Zero ähnelt, insgesamt aber weniger düster und kompliziert daher kommt.
Seit einigen Jahren residiert Krutzen nun in Brasilien und es stand zu befürchten, dass Finnegans Wake gar nicht mehr auf der Bildfläche erscheinen. Glücklicherweise hat Krutzen einige neue (brasilianische) Musiker zusammengetrommelt und macht musikalisch dort weiter, wo er mit dem letzten Finnegans Wake Album "Pictures" (2001) aufgehört hatte: Neoklassischer Kammermusik-Rock mit jazzigen Einflüssen, recht kunstvoll in der Umsetzung und anders als bei Univers Zero nicht wirklich wüst oder schräg. Das Album hat zwar einige Längen, insgesamt kommt "4th" auf 95 Minuten und hätte locker auf eine CD zusammengekürzt werden können, ist aber für anspruchsvolle Grenzgänger zwischen Klassik, Rock und Avantgarde eine sehr empfehlenswerte Neuerscheinung. [sal: @@@@]


Pain Of Salvation "BE - Original Stage Production"

Orchestraler Progmetal – Daniel Gildenlöws ambitioniertestes Werk live
(DVD + CD; InsideOut)

Ähnlich wie schon bei der Studiofassung des letzten ambitionierten Konzepts des schwedischen Sängers, Songschreibers und Multiinstrumentalisten Daniel Gildenlöw, hinterlässt die nun vorliegende Veröffentlichung der audiovisuellen Umsetzung von "BE" bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Noch immer entdecke ich einige Momente, die ich wirklich nicht für vollends gelungen halte und dennoch setze ich für die Live-Umsetzung dieselbe hohe Wertung an, denn auch live hat das Album geradezu überwältigende Momente. Deutlicher noch als in der Studiofassung ist Gildenlöws eindrucksvoller Gesang im Fokus der Produktion. Für ein so textlastiges Werk wie "BE" ist dies gewiss nicht der schlechteste Ansatz. Dazu spielt seine exquisite Band und das neunköpfige 'Orchestra of Eternity' (eine Art Kammerorchester) warm, weich und klangschön.
Die DVD bietet die Rockshow mit Orchesterunterstützung und Spoken Word-Passagen in ihrer visuellen Umsetzung mit Kostümen und schauspielerischen Einlagen, darüber hinaus einiges Bonusmaterial und ein sehr ausführliches und aufwendiges Booklet. Es bleibt abschließend zu bemerken, dass die Live-Umsetzung des etwas überambitioniert wirkenden Konzepts auch visuell nicht peinlich geraten ist. Dies ist vielleicht das größte Verdienst der schwedischen Progmetaller. [sal: @@@@]


Van Der Graaf Generator "Present"

Klassischer Prog – Die Rückkehr einer Legende
(2CD; Virgin)

Der große kommerzielle Durchbruch bliebt der Formation um Frontmann Peter Hammill (außer in Italien) stets verwehrt, doch historisch betrachtet ist die britische Formation Van Der Graaf Generator in einem Atemzug mit den anderen Szenegrößen Emerson Lake & Palmer, Yes, und vor allem King Crimson und Genesis zu nennen.
Rund 27 Jahre nach ihrer Trennung im Sommer 1978 reformiert sich nun (auch) diese Band mit absolutem Kultstatus. Wer nun erwartet, dass es sich um einen lauwarmen Aufguss früherer Heldentaten handelt, der wird auf "Present" eine angenehme Überraschung erleben: Hammill & Co. machen zwar exakt da weiter, wo sie dereinst aufgehört haben, aber sie lassen eben ihre auf Solopfaden erlangte musikalische Reife deutlich mit einfließen. "Present" ist kein Selbstplagiat, sondern die logische Fortführung eines Bandkonzepts von vier Musikern, die sich über all die Jahre nie aus den Augen verloren haben. Auf der ersten CD spielt das Quartett sechs 'richtige' Kompositionen; auf der zweiten CD sind zehn Instrumentals zu hören, die während einer wahrhaft orgiastisch-obskuren Jamsession entstanden sind. Beide CDs erklingen im düsteren Graaf-Sound zwischen Rock, Jazz, Elektronik und (im Falle der ersten CD) der zerrissenen Poesie Peter Hammills, und beide CDs bewegen sich stets auf ungewöhnlich hohem Niveau: ein beeindruckendes Comeback. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Steve Thorne "Emotional Creatures Part One"

Singer-Songwriter meets Prog – Starkes Debüt mit illustren Gästen
(CD; Giant Electric Pea)

In der Prog-Szene sind mittlerweile Gastauftritte arrivierter Musiker in den Produktionen der Kollegen keine Seltenheit mehr. Wenn sich aber Könner wie Tony Levin (King Crimson, Peter Gabriel), Geoffrey Downes (Asia), Nick D'Virgilio (Spock's Beard), Gary Chandler und Steve Christey (Jadis), sowie Martin Orford, Paul Cook und John Jowitt (IQ) auf dem Debüt eines Sängers und Multiinstrumentalisten tummeln, dann ist dies ein Indiz für das ungewöhnlich hohe Niveau und Talent, das dem Newcomer von den alten Hasen zugestanden wird.
Steve Thornes kommerzielles Debüt "Emotional Creatures Part One" fällt nicht vom Himmel. Seit Jahren hat er sich als Singer/Songwriter mit Prog-Ambitionen im Süden Englands auf zahlreichen Gigs einen Namen gemacht. Sein superber Gesang, vor allem aber das sehr gute Songwriting werden dazu beigetragen haben, dass sich solch eine Prominenz auf seinem Album wiederfindet.
Sein Rezept auf "Emotional Creatures Part One" ist ebenso einfach, wie ambitioniert: Einfach sehr gute Texte schreiben, sie in vielschichtige Kompositionen mit bezaubernden Melodien verpacken, diese dann mit Hilfe herausragender Musiker perfekt einspielen und (last but not least) die Songs mit wirklich exzellenten Vocals versehen.
Steve Thornes Kompositionen sind so songorientiert, dass sie Musikfans weit über die Prog-Enklave interessieren könnten. Vor allem aber sind sie so gut, dass ich mich schon sehr auf "Emotional Creatures Part Two" freue. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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