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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #554 vom 01.10.2007
Rubrik Texte - lesen oder hören

Pascal Mercier / Sven Stricker "Nachtzug nach Lissabon"

Hörspiel – Ãœber Freiheit und Willen und von den Möglichkeiten des Möglichen
(2CD; Hörverlag)

»Alle möglichen Leute schreiben heutzutage Bücher« lässt der Schweizer Philosophie-Professor Peter Bieri – der sich als Romanautor Pascal Mercier nennt – einen seiner Protagonisten sagen. Dies passt auch gut für den Autor selbst. In seinem Baukasten-Epos "Nachtzug nach Lissabon" begegnet man sowohl intelligenten Sätzen als auch pathetischen Lebensweisheiten und einer etwas mageren Geschichte.
»Wer frei entscheiden möchte, muss in der Lage sein, Abstand zu sich selbst zu entwickeln und sein Handeln stets neu überdenken.« Nach seinem erfolgreichen Sachbuch "Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens", in dem sich Peter Bieri eher abstrakt und philosophisch mit seinem Thema auseinandersetzte, versucht er mit "Nachtzug nach Lissabon" jene Versuchsanordnung in eine literarische, unterhaltende Form umzusetzen, in der es um Liebe, Loyalität und Tod bzw. um These, Antithese und Synthese geht. Dabei erweist sich die zentrale Gestalt, der fiktive portugiesische Poet und Arzt Amadeu de Prado, als eine wenig verschlüsselte Alternativmöglichkeit des Autors selbst.
»Das Leben ist nicht das, was wir leben, sondern das, was wir uns vorstellen zu leben.« Der etwas langweilige Altphilologe Raimund Gregorius, ein Trabant des Lebens (auch seines eigenen), dem kurz zuvor ein dünner Band dieses Prado auf merkwürdige Weise in die Hände geriet, begibt sich auf die Suche nach dem seelenverwandten Portugiesen und setzt sich in den Zug. Damit beginnt für Gregorius gleichzeitig auch eine zweite Reise, heraus aus einem Leben mit toten Sprachen, hinein in ein (noch) ungelebtes Leben. Und er entdeckt die Möglichkeiten des Möglichen.
Dass "Nachtzug nach Lissabon" der episch-melodramatischen Grundstimmung seiner Protagonisten nicht entkommen kann oder will und trotz einer Reihe schöner Passagen, die zwischen Gegenwart und der Zeit der Salazar-Diktatur in Lissabon spielen, als Story-Konstrukt nicht immer ganz schlüssig aufgeht, verzeiht man dem Autor gerne. Neben Goldschmieden der Worte, wie Tabucchi, Zafón, Pessoa oder Lobo Antunes, darf es auch Handwerker der Zeilen geben. Lebensweisheitensäusler Paolo Coelho jedenfalls hat mit Pascal Mercier ebenbürtige Konkurrenz erhalten.
Die über zweistündige Hörspielfassung von Sven Stricker ("Robinson Crusoe") punktet mit den überzeugenden Stimmen des grandiosen Peter Fricke als Gregorius und Boris Aljinovic als Erzähler, sowie Erik Schäffler, Carmen-Maja Antoni, Peter Weis und Maren Eggert. [gw: @@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a116249


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