#479 vom 03.04.2006
Rubrik Live - Musik spüren
Tomte, 30.3.2006, Centralstation, Darmstadt
Einen Bericht über ein Tomte-Livekonzert könnte man auch mit den besten Sprüchen von Thees Uhlmann füllen. Deswegen nur zwei, die symptomatisch für Tomte stehen: "Wenn ihr eine coole Band sehen wollt, müsst ihr woanders hingehen" und "Ich werde hier künstlich klein gehalten". Es stimmt – cool im landläufigen Sinn sind Tomte nicht, aber wer einen Blick in die vollbesetzte Centralstation in Darmstadt wirft, bemerkt schnell, dass diese Band keiner mehr klein halten kann. Tomte treffen den Ton, egal ob im phönixartigen Optimismus der Texte oder als Musiker. Was die Band präsentiert, ritzt nicht nur Alltagsphilosophie in die Hirnrinde ("Du hast gesagt, dass die Sonne scheint für den, der sie nicht mehr begehrt. Ich sag' die Sonne scheint so oder so, die Wolken entscheiden ob du sie siehst. Man könnte sagen, dass man das stärker liebt, was man seltener sieht."), es funktioniert auch, wenn man sich keine Gedanken über Inhalte machen will. Tomte sind in erster Linie Musiker und darüber hinaus mit einem extrem charmanten Frontmann gesegnet. Dieser plaudert dann auch, als gäbe es kein Morgen mehr, bricht für Hessen und 'Handkäs mit Musik' die Lanze und verzweifelt fast, als ihm ein Wackelkontakt im Gitarrenkabel den Spaß an "Ich sang die ganze Zeit von dir" versaut. Bevor sich Tomte mit "Von Gott verbrüht" nach zwei Stunden endgültig verabschieden, jagen sie "Geigen bei Wonderful World", "Korn & Sprite" und "Schönheit der Chance" durch die Boxen. Das kann in dieser Reihenfolge gerne auf meiner Beerdigung gespielt werden. [dmm]
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