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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #563 vom 03.12.2007
Rubrik Feature

Klassische Weihnachtsmusik aus fünf Jahrhunderten

Dieses Jahr bietet der Schallplattenmann ein prall gefülltes Feature zu klassischer Weihnachtsmusik aus fünf Jahrhunderten, mal traditionell (Bach, Schütz, Humperdinck), mal neu entdeckt (Rutter, Corrette). Es sollte dieses Jahr für jeden etwas dabei sein, der auf das Last-Christmas-Gedudel aus dem Radio verzichten möchte.
Anlässlich dieses Features gibt es auch zwei weihnachtliche Überraschungspakete zu gewinnen: Schickt dem Schallplattenmann bis zum 6.12.2007 einschließlich eure Weihnachtsgrüße an sal@schallplattenmann.de (Adresse nicht vergessen!). Die Gewinner werden in der nächsten Ausgabe bekannt gegeben. Jauchzet! Frohlocket! [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Heinrich Schütz / Lautten Compagney, Wolfgang Katschner "Weihnachtshistorie"

17. Jahrhundert – Meisterwerk des Frühbarocks, meisterlich gespielt und gesungen (2007)
(CD; Berlin Classics)

Heinrich Schütz (1585-1672) gilt als 'Vater der Deutschen Musik', seine "Weihnachtshistorie" war 1664 einer der ersten Versuche die Weihnachtsgeschichte auf musikalische Weise zu erzählen; Weg von den strengen melodie-armen Lesungen, hin zu melodischen Rezitativen mit Generalbass-Begleitung im Wechsel mit Arien und Chören, ganz so, wie es ihm später Johann Sebastian Bach (1685-1750) nachtun sollte.
Die vorliegende Aufnahme der Berliner Lautten Compagney mit dem angeschlossenen Vokalensemble Capella Angelica und den beiden herausragenden Solisten Christoph Prégardien und Susanne Rydén präsentiert die "Weihachtshistorie" leicht und beschwingt, freundlich und (dennoch) lehrreich. Die mustergültige Textverständlichkeit und der schlanke Klang des Barock-Ensembles machen es zu einer Aufnahme, die man sich nicht besser wünschen kann. Hörenswert auch die ebenso auf der CD befindlichen Weihnachtskantaten von Johann Philipp Krieger (1649-1725), Johann Theile (1646-1724) und vor allem Dietrich Buxtehude (1637-1707).
Eine Einspielung, die dem Stellenwert Schütz' für die deutsche Musik gerecht wird. [sal: @@@@@]


Johann Sebastian Bach / Arnold Schoenberg Chor · Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt "Weihnachtsoratorium BWV 248"

18. Jahrhundert – Das Weihnachtsoratorium par excellence (2007)
(2SACD; DHM)

Johann Sebastian Bach (1685-1750) schuf mit seinem "Weihnachtsoratorium" (1734) das wohl bekannteste Werk weihnachtlicher klassischer Musik, doch ein Oratorium ist die Sammlung von sechs Kantaten, deren Aufführung eigentlich an sechs verschiedenen Tagen stattfindet, nicht. Von der Begriffsverwirrung unberührt bleibt natürlich die Tatsache, dass es zahlreiche Aufnahmen des Werks gibt, und nicht alle halten, was sie versprechen.
Nikolaus Harnoncourt gehörte schon mit seiner ersten Einspielung 1973 zu den allerbesten Interpreten des 'Oratoriums'. Seine Neuaufnahme, wiederum mit dem Concentus Musicus Wien und heuer mit dem phantastischen Arnold Schoenberg Chor statt der Wiener Sängerknaben, unterstreicht seine Meisterschaft. Harnoncourt findet das richtige Maß zwischen Festlichkeit, barocker Pracht, Religiösität und Unterhaltung, denn das "Weihnachtsoratorium" ist auch ein Stückchen sakrale Oper, die den Zuhörer vergnügen kann. Harnoncourts Tempi sind beschwingt, zügig, aber nicht zu schnell; sein Orchester klingt nun nicht mehr schroff wie 1973, sondern klar, akzentuiert und transparent. Ein besonderes Verdienst an der mustergültigen Aufnahme haben die exzellenten Solisten Werner Güra (Tenor), Christine Schäfer (Sopran), Bernarda Fink (Alt), Christian Gerhaher (Bass, Tag 4-6) und vor allem Gerald Finley (Bass, Tag 1-3). [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Johann Sebastian Bach / Dresdner Kreuzchor · Dresdner Philharmonie, Martin Flämig "Weihnachtsoratorium BWV 248"

18. Jahrhundert – Ostdeutsche Bombast: Das Weihnachtsoratorium der Dresdner Philharmonie (1976) als Earbook
(4CD+Buch; Edel/Earbook)

Wer auf eine historisch-informierte Aufführungspraxis à la Rilling, Suzuki oder Harnoncourt keinen Wert legt, sondern das "Weihnachtsoratorium" von Johann Sebastian Bach (1685-1750) in epischer Wucht und strahlender Festlichkeit hören will, dem sei die wahrhaft üppige DDR-Einspielung aus dem Jahre 1976 ans Herz gelegt. Hier zelebrieren die Dresdner Philharmonie mit dem Kreuzchor unter Martin Flämig und die Creme de la Creme der (zumeist ostdeutschen) Sängerelite das Weihnachtsfest: Peter Schreier (Tenor), Annelies Burmeister (Alt), die US-Amerikanerin Arleen Augér (Sopran) und Theo Adam (Bass); die Aufnahme strahlt Prunk und wonnigen, klassischen Wohlklang aus und hat stellenweise mehr von Beethoven, als von Bach. Dennoch: Wenn Bach so perfekt vergrößert wird, kann man sich der Wirkung kaum entziehen.
Der eigentliche Clou dieser Ausgabe ist allerdings das sogenannte 'Earbook': Die CDs stecken in einem 116-seitigen Hardcover-Buch im LP-Format. Die Texte sind mit zahlreichen Abbildungen weihnachtlicher Gemälde illustriert. Zum prunkvollen Klang der Aufnahme kommt also die verschwenderische, optische Umsetzung des Albums. Musikalisch, wegen der alles andere als historisch-informierten Lesart, ist diese Ausgabe 'nur' drei Punkte wert; für die opulente Ausstattung gibt es einen ganzen Extra-Punkt. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Michel Corrette / Ensemble In Ore Mel · Olivier Vernet "Noël 1788"

18. Jahrhundert – Weihnachtliches aus Frankreich, Orgel und Gesang (2007)
(2CD; Ligia)

Von allen Neu- und Wiederveröffentlichungen aus dem Bereich 'weihnachtlicher Musik' ist dieses Album mit der "Messe pour le Temps de Noël" (1788) und dem "Nouveau Livre de Noëls" (1741) von Michel Corrette (1707-1795) das vielleicht spannendste, das ich gehört habe. Der Organist Olivier Vernet, in den Vokalparts unterstützt vom Ensemble In Ore Mel, spielt die stark mit volkstümlichen Weihnachtsmelodien durchsetzten Werke Corbettes an einem Instrument derselben Epoche: Der (Johann Andreas) Silbermann-Orgel (1750) von St. Maurice in Sulz/Oberelsass. Corbettes Hinwendung zur Musik des einfachen Volkes war am Vorabend der französischen Revolution gewiss kein Zufall. Die Werke sind durchzogen von einer schlichten und unprätentiösen Einfachheit. Die natürlichen Stimmen der beiden Sängerinnen Guillemette Laurens (Mezzosopran) und Anne Magouët (Sopran) und das kraftvolle Spiel Vernets harmonieren gut miteinander und reflektieren den populären Charakter der Werke. Das Ergebnis ist eine zeitlose, fast 'unklassisch' wirkende Messe und eine bezaubernde Sammlung französischer Weihnachtsmelodien. [sal: @@@@]


Engelbert Humperdinck / Staatskapelle Dresden, Otmar Suitner "Hänsel und Gretel"

19. Jahrhundert – Populäre Weihnachtsoper in legendärer Aufnahme (1971)
(2CD; Berlin Classics)

Der Spätromantiker Engelbert Humperdinck (1854-1921) ist vor allem für seine Oper "Hänsel und Gretel" (1893) bekannt, die auch heute noch, über hundert Jahre nach ihrer Uraufführung, regelmäßig kurz vor Weihnachten in den Opernhäusern auf dem Programm steht. Die unnachahmliche Verquickung von populären Kinderliedern und eingängigen Melodien machen diese Oper zum Evergreen für Jung und Alt.
Die vorliegende DDR-Aufnahme der strahlenden Staatskapelle Dresden unter Otmar Suitner ist musikalisch sicherlich über alle Zweifel erhaben (gemeinsam mit der legendären Mono-Aufnahme von Herbert von Karajan und dem Philharmonia Orchestra von 1953). Einziges Manko ist der allzu opernhafte Gesang der beiden Titelrollen Ingeborg Springer und vor allem Renate Hoff. Da hätte ich mir eine natürlichere Gesangsweise gewünscht. Die schöne Aufmachung der vorliegenden Ausgabe (im Samtschuber, mit ausführlichem Booklet und schön bedruckten CDs) bringt dem Album einen Extra-Punkt. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Olivier Messiaen / Steven Osborne "Vingt Regards sur l'Enfant-Jésus"

20. Jahrhundert – Jesus als Kind (2002)
(2CD; Hyperion)

1944 schrieb Olivier Messiaen (1908-1992) seine "Vingt Regards sur l'Enfant-Jésus" (zu Deutsch: Zwanzig Betrachtungen über das Jesus-Kind) und rückte mit dem Werk für Solo-Klavier zum ersten Mal weg von der 'klassischen' Weihnachtsgeschichte (Lk 2, 1-20), hin zu einer fast volkstümlichen Betrachtung des 'Menschen' Jesus als Kind. Die "Vingt Regards sur l'Enfant-Jésus" sind, wie typischerweise bei Messiaen, durchdrungen von seiner eigenen 'menschlichen' Religiösität, die dem göttlichen Mysterium das Empfindsame, Emotionale (= Menschliche) gleichstellt.
Der englische Pianist Steven Osborne setzt Messiaens Noten, die nicht so sehr Virtuosität, dafür aber umso mehr Einfühlungsvermögen verlangen, nuancenreich und überzeugend um.
Das ausführliche Booklet informiert dreisprachig (Englisch, Französisch und Deutsch) über den Komponisten und die Entstehungsgeschichte des Werkes. Die exzellente Produktion lässt das Klavier in seinem ganz Dynamik-Bereich gut wahrnehmen, bei den Fortissimi ebenso wie bei den leisesten Passagen. Diese Aufnahme der "Vingt Regards" ist sicherlich eines der anspruchsvollsten Hörerlebnisse, die man sich (nicht nur) zu Weihnachten gönnen kann. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Benjamin Britten / The Sixteen, Harry Christophers "A Ceremony Of Carols"

20. Jahrhundert – Brittens Weihnachtsmusik (2005)
(CD; Coro)

Benjamin Britten (1913-1976) schrieb im Laufe seiner Karriere immer wieder Stücke mit dezidiert weihnachtlichem Charakter. Zu seinen bekanntesten Kompositionen überhaupt gehört die Weihnachtsliedersammlung "A Ceremony of Carols" (1942). Darüber hinaus schrieb er schon in seinen ersten Jahren als Komponist die Variationen "A Boy Was Born" (1933) und immer wieder vereinzelte Christmas Carols.
Die vorliegende CD fasst diese beiden weihnachtlichen Hauptwerke Brittens mit der "Missa Brevis In D" (1959) und drei einzelnen Carols zusammen. Wer schon immer mal diese feierlichen Werke von einem exzellenten Chor gesungen haben wollte, der kann hier bedenkenlos zugreifen. Die Barock-Spezialisten des gemischten Chors The Sixteen haben sich unter der Leitung von Harry Christophers sehr viel Mühe gegeben, die stimmungsvollen Chorwerke sorgfältig umzusetzen. [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Karel Svoboda "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"

20. Jahrhundert – Kindheitserinnerung (1973)
(CD; Supraphon)

Zu den modernen Traditionen meiner Generation X gehört das alljährliche Fernsehritual "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (ČSSR-DDR, 1973). Einen Großteil ihrer Popularität verdankt die Verfilmung um die selbstbewusste Aschenbrödel sicherlich der kongenialen Filmmusik von Karel Svoboda (1938-2007), der auch so weltberühmte Titelmelodien wie die für "Wickie" (1974), "Die Biene Maja" (1975), "Pinocchio" (1976) und "Nils Holgersson" (1980) schrieb.
Die vorliegende CD mit der Original-Filmmusik, 1973 eingespielt vom Film Symphony Orchestra (!) unter der Leitung von Å tĕpán Koníček wurde so sorgfältig wie möglich remastert; da sie aber eigentlich nie für Tonträger vorgesehen war, standen nur die Mono-Tonspuren zur Verfügung.
Der seligen Erinnerung an erwartungsvolle Weihnachtsnachmittage tut dies aber keinen Abbruch. "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" ist auch als CD liebevoll angestaubter Kult. [sal: @@@]


John Rutter / The Cambridge Singers "The John Rutter Christmas Album"

20./21. Jahrhundert – Altmodische Christmas Carols von und mit John Rutter (1985-2002)
(CD; Collegium)

Der englische Chorleiter und Komponist John Rutter (*1945) ist im zeitgenössischen englischen Kulturbetrieb eine populäre Größe, nicht zuletzt wegen seiner eingängigen Christmas Carols. Diese altmodische Form des Weihnachtslieds, typischerweise im Chor gesungen, ist vielleicht der eigentliche Ursprung vieler populärer Weihnachts-Songs im Pop- und Soul-Bereich.
"The John Rutter Christmas Album" fasst die Greatest Christmas Hits des Komponisten zusammen und ergänzt diese durch herrlich altmodische Arrangements populärer Weihnachtsklassiker wie "We Wish You A Merry Christmas", "Joy To The World" und "I Saw Three Ships". Neben vielen süßlichen Songs mit naivem Charme, die man sich vermutlich nur am Weihnachtsabend anhören möchte, birgt das Album einige zeitlos schöne Songs, die man sowohl auf einer Weihnachtsfeier im Büro, als auch im Konzertsaal bedenkenlos spielen kann.
Ein Album wie ein Teller wohlriechender Lebkuchen. [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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