#300 vom 24.06.2002
Rubrik Texte - lesen oder hören
Willy Russell "Der Fliegenfänger"
Hörbuch – Genial, Rufus Beck liest den zauberlosen Harry Potter
(Heyne)
Er ist wie ein Harry Potter in der wahren, wirklichen Welt, die wir alle teilen: Teenager Raymond Marks. Ohne Papa, mit intellektueller, cooler Oma, einer überforderten Mama und einer Horde Kumpels wächst er auf und wird wegen Teenager-Schniedel-Spielchen (er fängt mit einigen Kumpels Fliegen mit dem Pimmel!) überschnell als Perverser abgestempelt, kann sich im Dorf nicht mehr blicken lassen, wechselt die Schule, nochmal, landet in der Psychiatrie,... und der Oscar-prämierte Drehbuchautor Willy Russell ist mehr als ein Profi in seinem ersten Roman. Klar, er nutzt ausgebuffte Handlungsklischees, das ist rasant konstruiert, auch seine Dialoge, seine Figuren und ihr Handlungspotenzial: perfekt. Und Russell geht weiter, mit jeder Szene, geht weiter mit jedem Kapitel. So schreibt er eine hinreißend tragische, gleichzeitig so komische und so weise, wie plausibel grundwahre Geschichte, dass sie uns ins Herz beißt und ein Stück rausreißt – für immer. Dies ist einer der herausragendsten Romane, der mir in vielen Jahren untergekommen ist – und nicht weniger faszinierend als unser guter Harry Potter. Ausgerechnet Harry-Potter-Vorleser Rufus Beck entschied sich auch für dieses Werk und liest den Briefroman brillant und rasant auf fünf CDs. Fazit: Genial. [vw]
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