#61 vom 08.06.1997
Rubrik Neu erschienen
The Brand New Heavies "Shelter"
Soul-Jazz
(CD, 2LP)
Noch vor zwei Jahren wiegte man in den hippen Clubs die Hüften bevorzugt zu jazzigen Soul-Tönen, mittlerweile regieren dort abgefahrene Computerklänge, Drum&Bass und Trip-Hop. Wie reagieren die einstigen Gallionsfiguren des "Acid-Jazz" auf diesen Trendwandel? Galliano schielen bemüht und halbherzig auf die Breakbeat-Szene, Incognito suchen mit zahnlosem Fahrstuhl-Sound Anschluß an das von Souldiven wie Toni Braxton beackerte, stromlinienförmige Kuschel-Soul-Terrain.
Im Intro zu "Shelter" zeichnen die Brand New Heavies ihre eigene Zukunft - natürlich scherzhaft - düster: Als Hausband The Heavytones unterhalten sie in einem Plüsch-Laden in Downtown Las Vegas tanzwütige Rentner mit geschniegelten Calypso- und Samba-Klängen. Ganz so schlimm verhält es sich in Wirklichkeit doch (noch) nicht: Der fliegende Mikrofonwechsel von N'Dea Davenport zu Siedah Garrett (Michael Jackson, Quincy Jones) kann durchaus als geglückt bezeichnet werden. Der groovige Opener "I Like It" macht Lust auf mehr. Das bekommt man auch in Form der formidablen, neuen Single "Sometimes". Aber das war's dann leider auch schon! Der Rest des Albums dümpelt gesichtslos zwischen zweitklassigen, Chic-esquen Spät-Disco-Reminiszensen (nix gegen Chic!) und ultra-glattgebügeltem, souljazzigen Easy-Easy-Listening mit Kuschelfaktor (s. oben) hin und her. Laut Sigmund Freud verbirgt sich hinter jedem Scherz zumindest ein Fünkchen Wahrheit: Die Brand New Heavies mit dem Fahrstuhl auf dem Weg nach Las Vegas? [bs: @@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#116: N'dea Davenport "N'dea Davenport"> [bs:Â @@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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