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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #653 vom 23.11.2009
Rubrik Feature

Soul in Afrika auf DVD

Die DVD-Veröffentlichung "Soul Power" lenkt den Blick auf die frühen 1970er, in denen im Rahmen eines erstarkten afroamerikanischen Selbstbewusstseins auch die Besinnung auf die eigenen Ursprünge vor der Sklaverei gewissermaßen en vogue wurde. 1971 in Accra, Ghana, und 1974 in Kinshasa, Zaïre, gab es meiner derzeitigen Kenntnis nach die einzigen 'Home to Africa'-Veranstaltungen, bei denen der kulturelle Austausch zwischen afroamerikanischen und afrikanischen Künstlern das Ziel war. Beide Events können – so weit das verfügbare Filmmaterial und die Entscheidungen der Regisseure das erlauben – nun audiovisuell nachvollzogen werden. [mmh]


Various / Jeffrey Levy-Hinte "Soul Power"

Konzert-Dokumentation – etwas zu viel Dokumentation, etwas zu wenig Konzert
(DVD; Masters Of Cinema)

Im letzten Jahr kam dieser Zusammenschnitt von Originalaufnahmen aus Kinshasa (damals Zaïre, seit 1997 Demokratische Republik Kongo) anlässlich des Musikfestivals "Zaïre '74" in die Kinos, jetzt ist er auf DVD erhältlich. Das Material war Cutter Jeffrey Levy-Hinte bei der Erstellung der Oscar-prämierten Dokumentation "When We Were Kings" (1995) aufgefallen, aber erst zehn Jahre später machte er sich daran, auch dem Konzert, das nicht wie der Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman verschoben werden konnte, Tribut zu erweisen.
Handelt es sich um einen Konzertfilm? Nein, dazu gibt es zu wenig Musik. Auch im Booklet gibt Levy-Hinte zu, dass die Mischung aus Eindrücken rund um das Konzert und dessen Vorbereitung das Publikum teilweise irritiert. Außer einem Vor- und Abspanntext sind es ungefilterte Bilder und Töne, die hier erklingen. Mag sein, dass auch Lizenzkosten den Einschluss von noch mehr Musik unmöglich machten, andererseits deutet der Regisseur an, dass er das ganze Konzert auch noch verfügbar machen möchte.
Was bleibt für den Musikfreund? Zuallererst, noch im Vorspann, ein typischen Call and Response von James Brown mit Band, bevor die ersten Bilder dann den Godfather of Soul in Top-Form mit "Soul Power" zeigen. Nach zweieinhalb Minuten ist es aber leider schon vorbei. Nach einer guten halben Stunde mit Eindrücken rund um die Vorgeschichte sehen wir The Spinners mit "One Of A Kind (Love Affair)" vor dem überwiegend afrikanischen Publikum, denn die ursprünglich ebenfalls erwarteten Touristen blieben wegen des verschobenen Boxkampfs aus. Darauf folgt die afrikanische Band OK Jazz mit "Simba Nkoni" und einer Tänzerin, deren Bewegungen keinen Zweifel am Text lassen, manchmal merkt man mehr als deutlich, wie die Kameraleute Aufnahmen unterhalb der Taille vermeiden. Aber auch hier ist nach einem Stück Schluss. Ähnlich, vermischt mit Backstage-Eindrücken, kommen von den bekannteren Künstlern noch Bill Withers, Miriam Makeba (die sich für das Publikum verständlich auf französisch ankündigt), B.B. King (er fand den Auftritt 'teilweise gelungen'), The Crusaders, Celia Cruz & The Fania All Stars, Big Black, Orchestre L'Afrisa International jeweils mit einem Song vor. Nach 80 Minuten dann James Brown, zugegebener Maßen in Hochform, aber mit "Payback", "Cold Sweat" und "Say It Loud (I'm Black And I'm Proud)" (im Abspann) dann doch etwas knapp. Bei den Extras gibt es dann noch "Try Me" und Songs von Sister Sledge oder den Pointer Sisters.
Also kein Konzertfilm, was bleibt dann? Ãœberraschend ähnlich zu "Soul To Soul", dem Konzertfilm aus Ghana (1971), bleibt der Kontrast zwischen den US-amerikanischen Profi-Entertainern auf dem Höhepunkt ihres Schaffens (samt einer computerfreien Live-Musik-Kultur) und den irgendwie ganz anders gepolten afrikanischen Zuschauern und -hörern mir als erstes im Gedächtnis. Auch die Aussagen einiger Mitwirkender in Interviews lassen eine gewisse Ratlosigkeit trotz aller 'back to the roots'-Symbolik durchscheinen. Sicher war dieses dreitägige Event für alle Beteiligten beeindruckend und ein wenig davon bekommt man auch hier mit. Aber die Einordnung in den historischen Rahmen sollte man nicht vergessen: Ein Event mit Genehmigung eines Diktators auf einem von Großereignissen systematisch gemiedenen Kontinent, von dem sich ausländische Investoren einen Gewinn versprachen (was nicht eingetreten ist). Es bleibt ein grandioses Zeitdokument, das in erster Linie Auskunft gibt über die Shows der auftretenden Künstler. Und davon hätten wir – weil sehr beeindruckend und gut fotografiert – gerne mehr gehabt! [mmh: @@]


Various / Denis Sanders "Soul To Soul"

Afro-Americans in Accra, Ghana – Wilson Pickett, The Staple Singers, Les McCann, Voices Of East Harlem, Ike Turner – 1971
(DVD+CD; Warner/Atlantic)

So wie der Film "Soul Power" mit dem gleichnamigen Song von James Brown beginnt, so beginnt dieser Film mit "Soul To Soul", dargeboten von Ike & Tina Turner. Der eigentliche Superstar des Konzerts in Accra war allerdings Wilson Pickett, der in Europa und Afrika bereits sehr viel bekannter war. Die Eindrücke vom afrikanischen Leben, von der (offensichtlich irritierenden) Begegnung zwischen den Kulturen, vom Besuch der ehemaligen Sklaven-Gefängnisse usw. sind vor allem in der ersten Hälfte des Films zwischen die Auftritte des insgesamt 14-stündigen Konzerts geschnitten. Und hier gibt es von den meisten Interpreten mindestens zwei Songs, was den Eindruck eines Konzertmitschnitts aufkommen lässt, obwohl die zeitliche Reihenfolge nicht eingehalten wurde. Denn nach 20 Minuten hören wir erstmals Wilson Pickett mit "In The Midnight Hour", ein Song vom Ende der Show. Störend ist ab und zu der etwas abrupte Wechsel noch vor dem Ende von Songs in die Lokalkolorit-Aufnahmen. Weitere bekannte Namen sind Voices Of East Harlem, Santana (nicht sehr afroamerikanisch), Les McCann & Eddie Harris (die sich am meisten auf Afrika eingelassen haben), The Staple Singers (überwältigend: Mavis Staples).
Neben einer Bonus-Audio-CD mit teilweise abweichenden Songs ist die DVD zudem mit einem Extra-Song von Ike & Tina Turner und vier (!) separaten Kommentarspuren (darunter Mavis Staples und Ike Turner) ausgestattet. [mmh: @@@]


Leon Gast "When We Were Kings"

Oskar-prämierte Dokumentation rund um den »The Rumble In The Jungle« 1974 (1995)
(DVD; Universal)

Der Vollständigkeit halber und für alle anderen Musikarchäologen gibt es (per Import aus UK) die Dokumentation "When We Were Kings", die den legendären Boxkampf zwischen George Foreman und Muhammad Ali im Oktober 1974 dokumentiert. Das Festival "Zaïre '74" sollte den Boxkampf promoten und von den internationalen Touristen ebenfalls profitieren. Als sich allerdings George Foreman beim Training verletzte, wurde der Boxkampf um sechs Wochen verschoben, was uns als Filmzuschauer natürlich keine Probleme bereitet, ganz im Gegensatz zu den Organisatoren beider Veranstaltungen in Kinshasa.
Dies ist eine echte Dokumentation mit Rückblicken von Teilnehmern aus 20 Jahren Distanz (vor allem Norman Mailer und George Plimpton, beide als Reporter vor Ort), und insbesonders einem Muhammad Ali, bei dessen Auftreten man leicht verstehen kann, wie wenig er von manchen gemocht wurde. Nach ca. 60 Minuten tritt der Boxkampf in den Mittelpunkt.
Das Musikfestival kommt nur am Rande vor, B.B. King, Miriam Makeba und James Brown sind in Zwischenschnitten zu sehen und zu hören. [mmh]


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