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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #242 vom 23.04.2001
Rubrik Feature

Voodoo Jive

So trübe der Frühling auch sein mag, die Neuigkeiten aus der Roots-Kiste sind immerhin ein Grund zur Freude. Zukunftsweisende Cajun-Musik, ein höchst vitaler Rentnerverein, ein sehr talentierter Frischling, eine nette Packung funky Stuff, zwei erfreuliche Sampler und eine willkommende Wiederveröffentlichung: Kopf hoch Freunde, we'll be swinging in the rain! Übrigens: In meiner Radio-Sendung "Voodoo Jive" gibt es einmal monatlich R&B-lastigen Kram wie diesen zu hören. Jeden 3. Sonntag im Monat um 19Uhr auf der 95,8 (93,6 in Erlangen) bei Radio Z. Leider nur in Mittel- und im südlichen Oberfranken zu empfangen. [pg]


Steve Riley & The Mamou Playboys "Happytown"

(CD; Rounder)

Contemporary Cajun-Music at its best: Dass auch in Bayou-Country die Zeit nicht still steht, macht uns der Akkordeonist Steve Riley mit seinen Playboys aufs angenehmste deutlich. Zwar startet das Album ganz zünftig mit einem beschwingten "Creole Stomp" und dem beseelt schunkelnden "Big Boy Waltz", doch danach gibt es reichlich Überraschendes. "Gros Jean/Big John" ist ein mit düster klagenden Gitarren vertontes Gedicht, welches ein Sklave Mitte des 19. Jahrhunderts verfasst hat. "Seems To Me" wiederum kommt ganz NRBQ-mäßig mit verfremdeter Stimme im rockigen R&B-Gewand daher. Dazwischen tischen die Playboys immer wieder zum Weinen schöne Instrumentals und lustige Traditionals auf, die die Imaginationskraft ungemein stimulieren: Lieben und hassen, verzweifeln und hoffen, leben und sterben zwischen grauen und blauen Himmeln, zwischen Arbeit und Vergnügen, zwischen Fluss und Meer, Wasser und Land. Gute Songs, gute Band, kein Durchhänger. [pg: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


The Blind Boys Of Alabama "Spirit Of The Century"

(CD; Virgin)

Als ich diesen vitalen Rentner-Verein vor über fünf Jahren in New Orleans live erleben durfte, blieb mir die Spucke weg: Fünf Greise, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, sangen mit einer Inbrunst, die den Heiligen Geist dazu veranlasste, sich von seiner Wolke zu erheben und persönlich das House Of Blues zu erleuchten.
"Spirit Of The Century" fängt nicht nur eine ganze Menge Soul ein, sondern ist musikalisch schlichtweg exzellent. Wie der Name suggeriert, wird das dahingeschiedene Jahrhundert nach bewährten Gospel-Standards abgegrast, die die Boys in äußerst einfallsreichen Versionen darbieten ("Amazing Grace" mit der Melodie von "House Of The Rising Sun"); außerdem picken sie sich die schönsten Gospel-Versuche von Tom Waits ("Jesus Gonna Be Here" und "Way Down In The Hole") und den Stones ("Just Wanna See His Face") heraus und geben ihnen den finalen Segen. Sparsam instrumentiert, Groove ohne Ende und ein sympathischer Haufen Methusalems mit Gold in den Kehlen: Das definitive Gospel-Album! [pg: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Grady Champion "2 Days Short Of A Week"

(CD; Shanachie)

Das kann man doch nur begrüßen: Ein Jungspund aus Mississippi belebt die Tradition mit zeitgemäßen Songs. Gradys Stimme ist angerauht und soulful und fühlt sich bei coolem Blues-Funk genauso wohl, wie beim Soul und traditionellen Delta-Blues-Referenzen. Die Grenzen zwischen gestern und heute sind hier fließend und der Blues-Begriff wird sehr weit gefasst. Die Songs sind im besten Falle superb, wie der funky Halftime-Shuffle "Wine And Women", und im schlechtesten Fall solide. Textlich pendelt der Champion zwischen den klassischen "Frauensongs" und zögerlicher Sozialkritik: "Nee du, also, Herr Polizist, das find' ich echt nich' cool, dass du mich hier so schikanierst, du... also echt..." ("Mr. Policeman"). Davon abgesehen: Ein kurzweiliges, druckvoll und modern produziertes Blues-Soul-Album mit einer energetischen Band, einer großen Stimme und vielen Highlights. [pg: @@@@]


Theryl "Houseman" De'Clouet "The Houseman Cometh!"

(CD; Bullseye)

New Orleans-Experten kennen den Houseman vielleicht als Sänger der Funk-Jam-Band Galactic. Aber auch wenn Mr. De'Clouet auf Solopfaden wandelt, zieht er seine Funk-Schuhe nicht aus, im Gegenteil: Verstärkt durch eine feine Auswahl New Orleanser Sessionprofis groovt sich unser Hausmann mit beeindruckend kraftvoller Stimme durch eine knappe Stunde Funk&Soul zwischen Prince, den Meters und Johnny Adams. Spiel- und groovetechnisch ist hier alles super tight und absolut makellos, der stilistische Rahmen bietet Platz für Steely Dan-mäßigen R&B-Pop ("Two Wrongs"), Rap-Einlagen ("You Came") oder Henry Butlers Barrelhouse-Piano ("Pocket Change"). Schade bloß, dass das Songwriting zu oft nicht übers Mittelmaß hinauskommt. [pg: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Various "Keep It Rollin - The Blues Piano Collection"

(CD; Rounder)

Nachdem der Blues in erster Linie von der Gitarre dominiert wurde und wird, ist dieser Sampler eine willkommene Abwechslung. Einige der großen Bluespianisten der zweiten Hälfte des letztens Jahrhunderts geben sich die Ehre, allesamt solo, ohne Bandbegleitung. Die Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instruments sind natürlich immens: Vom stürmischen Barrelhouse-Stil eines Booker T. Laury bis zum sophisticated City-Blues Charles Browns und der Virtuosität des Jungspunds Davell Crawford wird hier eine immense Bandbreite abgedeckt. Dazu kommen noch die liebevolle Covergestaltung und die fundierten Linernotes. Eine gelungene Zusammenstellung! [pg: @@@@]


Various "Mardi Gras In New Orleans"

(CD; Rounder)

Zu diesem Thema gibt es schon eine ganze Menge Compilations; wäre da eine weitere noch nötig gewesen? Vermutlich nicht, trotzdem ist dieser Karneval aus dem Hause Rounder eine äußerst spaßige Angelegenheit auf höchstem Niveau. Die Größen der Brass Band-, New Orleans-R&B und Cajun/Zydeco-Szene (Wild Margnolias, Rebirth B.B., Dirty Dozen B.B., Zachary Richard, uvm.) mit ihren liebsten Faschingsschlagern: Dass hier der Bär steppt bis die Pfoten glühen, dass hier Funkiness bis zum Anschlag geboten wird, dürfte Eingeweihten klar sein. Das alles kommt in feiner Aufmachung und 1A-Soundqualität daher und eignet sich vor allem für Einsteiger oder als Trostpflaster für alle, die dieses Jahr wieder nicht hinkonnten (schnüff!). [pg: @@@@]


Luther Allison "Hand Me Down My Moonshine"

Re-Release
(CD; Ruf)

Erst relativ spät, im Jahre 1992, veröffentlichte Luther Allison sein erstes rein akustisches Album. Aufgenommen hatte er es ganz unspektakulär in seiner Pariser Wohnung, meist nur begleitet von seinem Tourbassisten Zox. Somit zeigt "Hand Me Down..." den Sympathikus und energetischen Performer von einer eher ungewohnten Seite. Ein intimes, spontanes, sehr traditionelles Blues-Album, auf dem Allison sein eh schon recht begrenztes Organ mal nicht gegen seine Band stemmen muss. Ein schönes Erinnerungsstück an den Verblichenen und unter der Flut der Akustik-Blues-Alben zweifellos eines der besseren. [pg: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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