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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #595 vom 25.08.2008
Rubrik Kolumne

Sal's Prog Corner #73

Trari-trara, die Prog-Corner ist wieder da!
Über zwei Monate nach der letzten Ausgabe hat sich im gefürchteten Sommerloch nun doch einiges an Neuerscheinungen angesammelt. Nicht alles, was in dieser Pause erschienen ist, ist in irgendeiner Weise bemerkenswert. Mit Hilfe meines aus dem Strandurlaub geretteten Siebchens habe ich versucht, die wichtigsten Neuerscheinungen aus dem klebrigen Wust herauszuschütteln.
Vielleicht ist der Sommer ja doch nicht vorbei, ansonsten gibt es nun wieder 'ne Ladung Progressive Rock auf die Ohren (und zu lesen!): Keep on proggin'. [sal]


Sieges Even "Playgrounds"

ProgMetal/ProgRock – Das erste Live-Album der deutschen Vorzeigeband
(CD; InsideOut)

Eigentlich hätten man bei einer zwanzigjährigen Bandgeschichte und nur sechs Studioalben (die Band hatte sich zwischen 1997 und 2005 aufgelöst) eine Art "Best Of - Live" fabrizieren müssen, gerade weil viele Fans der 'neuen' Sieges Even mit den Alben "The Art Of Navigating By The Stars" (2005) und "Paramount" (2007) die alten Songs der kultigen alten Sieges Even kaum kennen. Doch das Live-Album "Playgrounds" ist in Wirklichkeit leider nur ein Querschnitt der beiden letzten Alben geworden, aufgepeppt durch lediglich zwei Bandklassiker, nämlich "The Waking Hours" und "These Empty Places", beide vom Album "A Sense Of Change" (1991). Schade, denn es sind gerade die alten Songs, die im neuen Gewand am meisten überzeugen können.
So bleibt "Playgrounds" in großen Teilen frei von Überraschungen und im wörtlichen Sinne unserer Wertung 'solides Handwerk': Gut gemacht, aber nicht essentiell, nur eine nette Ergänzung zur Diskografie der Band. [sal: @@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Moth Vellum "Moth Vellum"

Quelle: http://www.justforkicks.de

RetroProg – Progressive Rock, sehr sehr nah an Yes
(CD; My Sonic Temple)

Huch?! Haben Yes in den 1970er Jahren, so zwischen "Going For The One" (1977) und "Tormato" (1978) noch mit einem anderen Sänger ein verloren geglaubtes Album aufgenommen, das als Erlkönig veröffentlicht wurde?
Spaß beiseite: Der RetroProg, also jenes Genre, was sich besonders eifrig bemüht, den 'alten Sound' der glorreichen Zeiten im Progressive Rock zu reproduzieren, leidet oft unter massivem Identitätsverlust. Denn die Kopien gelingen oft so gut, dass man kaum noch etwas anderes aus der Musik heraushören kann, als das angestrebte Klangideal. Das mag für jene toll sein, die sich 'MOTS' ('more of the same') wünschen, für alle anderen Musikfreunde ist der Klon oft völlig überflüssig.
Moth Vellum mögen Yes, unüberhörbar, und so klingt ihr Debüt-Album in weiten Teilen in der Tat wie ein schlank produziertes Yes-Album der Spät-Siebziger mit anderem Sänger. Das ist wirklich gut gemacht, aber puh, an manchen Stellen ist die Kopie so frappierend echt, dass man doch irritiert aufs Cover gucken möchte.
Wer auf die Spät-Siebziger-Sachen von Yes steht, der kann sich wirklich auf dieses Album freuen. Allen anderen empfehle ich ein umfangreiches Probehören: Identitätsverlust in der Musik ist nicht Jedermanns Sache, auch nicht, wenn er gut gemacht ist. [sal: @@]


D.F.A. "4th"

RetroProg/Fusion – Die italienische Prog/Fusion-Truppe mit dem ersten neuem Album seit neun Jahren
(CD; Moonjune)

Sie waren ein wenig untergetaucht und erst wieder unlängst in die Szene mit einigen Konzerten und dem Re-Release ihrer beiden Studio-Alben (auf "Kaleidoscope") zurückgekehrt: Das italienische Quartett Duty Free Area (das mittlerweile nur noch als D.F.A. firmiert) hat eine Auszeit genommen und diese Auszeit hat der Band alles andere als geschadet. Nun legen sie mit "4th" ihr Comeback-Album vor und knüpfen damit nahtlos an die hohe Qualität der vorangegangenen Veröffentlichungen an.
Ruhiger und entspannter als zuvor, auf jeden Fall verspielter und musikalisch abwechslungsreich präsentiert die Band aus Verona ihre mediterrane Lesart von Fusion mit einem gehören Schuss Progressive Rock. Abschließendes Highlight des rundum gelungenen Albums ist das einzig 'richtige' Gesangsstück des Albums "La ballata de s'isposa 'e mannorri", das mit der Hilfe des sardischen Frauen-Gesangstrios Andhira aufgenommen wurde und eine gelungene Symbiose aus Folk und Fusion geworden ist. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Sylvan "Leaving Backstage"

Neoprog – Deutschlands international erfolgreichste Prog-Band mit Live-Dokument
(2CD; Progrock)

Sie sind die derzeit wohl erfolgreichste deutsche Prog-Band und wurden hier dennoch sträflichst vernachlässigt. Doch spätestens seit ihrem Konzeptalbum "Posthumous Silence" (2006) sind die Hamburger mit ihrem modernen Neoprog (mit Referenzbands wie Marillion, Porcupine Tree oder IQ) in aller Munde und nicht mehr zu ignorieren. Da kommt es gerade recht, dass die Band ihr zehnjährigen Bandjubiläum mit der Veröffentlichung der umfangreichen Doppel-Live-CD "Leaving Backstage" begeht, auf der das Quintett auf fast 150 Minuten die gesamte Bandhistorie verarbeitet. Den Großteil nimmt dabei eben das herausragendste Album der Band "Posthumous Silence" ein, das auf der ersten CD komplett live vorliegt, derweil auf der zweiten CD eine Art 'Best Of The Rest' zusammengestellt wurde.
Sylvan belegen mit dem Album eindrucksvoll, dass sie eine vorzügliche Live-Band sind, die es versteht ihre atmosphärisch dichte Musik live intensiver und 'lebendiger' umzusetzen. CD#1 verdient vier Punkte ('definitives Highlight'), CD#2 ist lediglich 'solides Handwerk' und erhält gute zwei Punkte. Das ergibt einen Schnitt von drei Punkten.
DVD-Fans aufgepasst: Zeitgleich erscheint "Posthumous Silence - The Show". [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Sylvan "Posthumous Silence - The Show"

Neoprog – Die DVD als Alternative zur Doppel-CD
(DVD; Progrock)

Zeitgleich mit der Doppel-CD "Leaving Backstage" erscheint zu Sylvans Bandjubiläum auch die DVD "Posthumous Silence: The Show", die das Material der gesamten ersten CD des Live-Albums, also die Live-Fassung des Konzeptalbums "Posthumous Silence", audiovisuell präsentiert.
Wer also auf den zweiten Teil der Doppel-CD verzichten kann (man kann!), der sollte beruhigt zur DVD greifen und lieber die gut gemachte Bühnenshow der Band bewundern. Zusätzlich gibt es 95 Minuten Bonus-Material inklusive dem Bonus-Song "Artificial Paradise" aus der Geburtstagsshow. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Ephrat "No One's Words"

ProgRock/ProgMetal – Starkes Debüt aus Israel
(CD; InsideOut)

Wenn ein Debüt-Album von Steven Wilson (Porcupine Tree) gemixt worden ist und dann noch mit zwei prominente Gastsängern aufwartet, sagen wir mal Petronella Nettermalm (Paatos) und Daniel Gildenlöw (Pain of Salvation), dann vermute ich gleich (bösen Willens), dass das Label einen etwas blutleeren Act anschubsen will, indem es ihn mit prominenten Namen spickt um die Verkäufe anzukurbeln. So viel Skepsis hat das israelische Quartett Ephrat um den Multi-Instrumentalisten Omer Ephrat gar nicht verdient, denn was die vier Musiker auf ihrem Debütalbum zusammenrocken, ist aller Ehren wert.
Es ist nicht die prominente Unterstützung, die "No One's Words" zum rundherum erfreulichem Album machen, sondern die Band selbst mit ihrem Sound, der geschickt zwischen altmodisch hardrockigen, proggigen und melodischen Passagen changiert. Sänger Lior Seker ist sicher nicht der stimmgewaltigste seiner Zunft, dennoch braucht er keinesfalls die Unterstützung von Daniel Gildenlöw (dessen Beitrag bei "The Sum Of Damage Done" überflüssig erscheint) und passt mit seiner zurückhaltenden Art (!) gut ins Gesamtkonzept der Band. Allen voran belegt Bandkopf Omer Ephrat, dass er ein talentierter Komponist ist, von dem man gewiss noch mehr Hörenswertes in die Finger bekommen wird. [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Univers Zéro "Univers Zéro"

RIO – Rock in Opposition (1977)
(CD; Cuneiform)

Die belgische Formation Univers Zéro gilt als Mitbegründer der Rock-in-Opposition-Bewegung und ist heute, 30 Jahre später, immer noch einer ihrer wichtigsten Vertreter. Rock in Opposition bedeutete 1977 vor allem ein kompromisslose Loslösung der Rockmusik vom anglo-amerikanischen Markt: Man wollte weg von der Kommerzialisierung, Banalität und Simplifizierung der Rockmusik. Dem hielt man komplexeste musikalische Strukturen entgegen, mit starken Anleihen bei der zeitgenössischen klassischen Musik. Die Ergebnisse dieser 'Underground-Musik' fand in den Spät-Siebzigern zwischen Punk, Disco und degeneriertem konventionellem Progressive Rock seine kleine Hörerschaft.
Nun liegt das bis vor kurzem vergriffene Debütalbum (das zwischenzeitlich nach der Bestellnummer "1313" umbenannt wurde) der Belgier in remasterter/remixter Qualität vor. Die technische Bearbeitung ergab eine behutsame Verbesserung des Klangbildes. Zusammen mit dem 28-minütigen (!) Bonus-Stück "La Faulx" und ausführlichen Liner Notes ist diese Neuausgabe mehr denn je eine lohnenswerte Anschaffung und immer noch ein Stück innovative Rockmusik. [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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