#352 vom 28.07.2003
Rubrik Neu erschienen
Shirley Horn "May The Music Never End"
Jazz – eine Sängerin zeitlos wie der Blues
(CD; Verve)
Schon beim flüchtigen Anhören entwickelt das neue Album der 69jährigen Jazz-Diva seine tiefgründige, unweigerlich fesselnde Aura. Liest man ein wenig drumherum, erfährt man, dass Shirley Horn – seit einiger Zeit an den Rollstuhl gefesselt – sich zumindest momentan nicht mehr selbst am Piano begleiten kann, vom Verlust ihres langjährigen Bassisten Charles Ables und anderen Schicksalsschlägen ganz zu schweigen.
Umso mehr Nachdruck scheint sie der gesanglichen Interpretation sorgsam ausgewählter Stäcke u.a. von Jacques Brel, Lennon/McCartney und Duke Ellington zu verleihen. Viel Schmerz, Verlust, der Blues, selbst im gefassteren "Everything Must Change (Nothing Stays The Same)"; dennoch stets erinnernswert: "Take Love Easy", und ganz am Ende steht mit dem titelgebenden "May The Music Never End" ein leiser Hoffnungsschimmer.
Das Ganze meisterlich, mit eher wenig, denn zuvielen Tönen in Szene gesetzt, wiederum von Steve Williams am Schlagzeug, während George Mesterhazy auf Mrs. Horns Klavierhocker Platz nimmt, und Ed Howard (Chick Corea, Eddie Henderson) seinen Bass zupft. Herausragend auch die Gäste: Ahmad Jamal (p), auf zwei Stücken in der eher seltenen Rolle des Begleiters, und Roy Hargrove in der Rolle des einsam-melancholischen Trompeters.
Substantieller Stoff wie dieser lässt die aktuelle Flut an gelackten Jazz-Chanteusen dann doch ein wenig blass aussehen. [bs: @@@@]
<#108: Shirley Horn "I Remember Miles"> [gw:Â @@@@]
<#344: Ahmad Jamal "In Search Of... Momentum"> [sg:Â @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#371: Bernhard Sauer: Bernie's Faves 2003> [bs]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a110770