#339 vom 28.04.2003
Rubrik Feature
Sal's Prog Corner #28
Viele Neuerscheinungen versüßen des Progfans Alltag und reizen seine Sammelwut – doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Wie immer will die Prog-Corner behilflich sein, sich im Wust der Releases zurechtzufinden, heute mit den neuer (und alter) Musik von Ritual, Derek Sherinian, Devin Townsend, Eloy und Anyone's Daughter. [sal]
Ritual "Think Like A Mountain"
Schwedische Wertarbeit mit Led-Zeppelin-Touch
(CD; Tempus Fugit)
Sehr unregelmäßig erscheinen Alben der schwedischen Band Ritual, vielleicht weil sie bisher nur bei Kleinstlabels unterkamen, ergo kamen sie über den Geheimtippstatus nicht hinaus. Das könnte sich mit ihrem neuen Album "Think Like A Mountain" ändern, denn die Schweden zünden ein regelrechtes Power-Feuerwerk ab.
Anders als andere schwedische Bands, sind sie keineswegs die großen Melancholiker: Rituals Musik sprüht vor Energie, birgt deutliche Folk-Einflüsse in sich und erinnert stellenweise stark an Led Zeppelins Meisterwerk "III". Beachtenswert ist dabei die wundervolle Stimme Patrik Lundströms und das variable Drumming Johan Nordgrens, der den nordischen, arabesquen, angelsächsischen und irischen Folkeinflüssen stets mit intelligentem und versiertem Drumming noch mehr Ausdruck verleiht. Ein klasse Album, durchaus auch für Nicht-Prog-Fans geeignet, Led Zeppelin-Fans sollten auf jeden Fall reinhören. [sal: @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Derek Sherinian "Black Utopia"
Jazz-Prog-Metal-Power
(CD; InsideOut)
Ob nun unter dem Bandnamen Planet X oder als Solo-Album, Derek Sherinian, ex-Keyboard-Wizard bei Alice Cooper und bei Dream Theater, spielt eine irrwitzige Mischung aus Prog, Metal, Jazz und was-weiß-ich-noch. Instrumentale Power auf höchstem technischen Niveau, dafür bürgt Sherinian selbst, aber auch die beeindruckende Liste seiner Mitmusiker, etwa Steve Lukather (Toto), Zakk Wylde (Ozzy Osbourne), Yngwie Malmsteen und Al Di Meola an den Gitarren, Jerry Goodman (Mahavishnu Orchestra) an der Violine, Billy Sheehan (Steve Vai) am Bass, Simon Phillips (Toto) an den Drums und noch viele mehr.
Was so oft nicht klappt und zum bloß langweiligem Starensemble degeneriert, bei Sherinians "Black Utopia" gelingt es sehr gut, die unterschiedlichen Charaktere mit ihren musikalischen Stärken zu featuren und sie in komplexe Frickelorgien einzubauen, dass es eine wahre Wonne ist, den Meistern ihres Fachs zuzuhören. [sal: @@@]
<#281: Dream Theater "Six Degrees Of Inner Turbulence"> [sal:Â @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Devin Townsend Band "Accelerated Evolution"
Prog-Metal up-to-date
(CD; InsideOut)
Neben den übermächtigen Dream Theater und ihren unzähligen mediokren Clones gibt es im Prog-Metal-Sektor wenig wirklich Neues, Inspiriertes und Inspirierendes.
Eine Ausnahmeerscheinung ist der Kanadier Devin Townsend, der sich konsequent von Album zu Album weiterentwickelt und dankbarerweise auf die sonst üblichen Klischees verzichtet (sogar seine Cover sind keine strunzdummen Metal-Peinlichkeiten). Sein Stil ist sehr straight, hart, kompromisslos: Hämmernde Drums, lauter Bass, powervolles Gitarrenspiel, orchestrale Keyboards und variable, durchaus musikalische Vocals, dies alles ohne großen, bombastischen Schnickschnack. Das alles klingt sehr roh und doch erstaunlich ausgereift und völlig unpeinlich. Endlich mal wieder ein Album aus dem Sektor, dass mich nicht sofort in die Flucht schlägt, sondern mich durch seine geradezu physische Präsenz überzeugt. [sal: @@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#397: Ayreon "The Human Equation"> [sal:Â @@@@]
<#340: Soilwork "Figure Number Five"> [dmm:Â @@@@@]
Eloy "Timeless Passages - The Very Best Of Eloy"
Deutschlands Progikone mit einer umfassenden Retrospektive –
(2CD; Harvest)
Auch nach nunmehr 30 Jahren haben die Hannoveraner von Eloy um Mastermind Frank Bornemann immer noch eine große Fangemeinde. Es ist also nicht verwunderlich, dass anlässlich der anstehenden Re-Releases der klassischen Eloy-Alben eine umfassende Retrospektive (inkl. einer unveröffentlichten Live-Aufnahme) erscheint.
Gespickt mit dem Besten aus den verschiedenen Schaffensperioden der Band, zahlreichen, teils unveröffentlichten Fotos, einem Vorwort von Frank Bornemann und Kommentaren ehemaliger und aktueller Bandmitglieder zu den einzelnen Tracks ist "Timeless Passages" eine durchaus gelungene Einführung in das Werk der Band. [sal: @@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#587: Jupiter Society "First Contact // Last Warning"> [sal:Â @@@@]
Anyone's Daughter "Anyone's Daughter - Requested Document Vol.2"
Die südwestdeutsche Prog-Legende live – CD+DVD
(CD; Tempus Fugit)
Schon für den ersten Teil der Anyone's Daughter Live-Retrospektive habe ich mich begeistern können, auch der zweite (und wohl auch letzte) Teil der Reihe ist wieder recht gut gelungen.
Dies liegt v.a. an der vorzüglichen, poetischen Musik der Band, die zumindest auf der CD klanglich einwandfrei dargeboten wird. Dies gelingt freilich etwas weniger auf der 126-minütigen Bonus-DVD, die ein Amateurvideo aus dem Jahre 1981 mit den damals üblichen technischen Einschränkungen reproduziert. Immerhin erhält man auch einen ordentlichen optischen Eindruck von der Faszination dieser Band; ihre Musik, Artrock vom feinsten, sei es mit deutschen oder englischen Texten, war sowieso über alle Zweifel erhaben. [sal: @@@]
<#311: Anyone's Daughter "Piktors Verwandlungen"> [sal:Â @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight