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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #240 vom 02.04.2001
Rubrik Feature, Artikelreihe David Krakauer: A New Hot One

David Krakauer im Interview

Manfred Horak: Wie bist du zur Musik gekommen? Wer waren deine Lehrer?

David Krakauer: Joel Press aus Boston, ein Saxofonist und Klarinettist, der mir Jazz, vor allem Sidney Bechet, vorspielte. Leon Rushnoff ist mir der wichtigste Lehrer gewesen. Er vermittelte mir neue Horizonte und Ideen. Schließlich mein Freund Anthony Coleman. Mit ihm war ich gemeinsam auf der High School, wir haben gemeinsam Musik gehört und Musik gespielt. Anthony war bereits mit 15 Bandleader und Pianist.

Ein Lied auf "A New Hot One" heißt "Klezmer a la Bechet". Es hört sich an, als ob du nicht nur Klezmer erneuerst, sondern auch Bechet.

David Krakauer: Tradition muss stets verändert werden, das ist wichtig, sonst bleiben nur Museen übrig. Ich betrachte mich allerdings nicht als Neuarrangeur traditioneller Klezmer, ich spiele Klezmer in völlig neuem Stil. Das gleiche gilt für mein Verhältnis zu Bechet. Ich möchte Bechet nicht covern. Ich habe vielmehr eine gewisse Vorstellung von Bechet und seinen Lebensumständen in New Orleans, transponiere dieses Gefühl in die Gegenwart und denke mir aus, wie Bechet heute klingen würde.

"Love Song For Lemberg/Lvov" klingt sehr avantgardistisch. Wie ist dieser Song entstanden?

David Krakauer: Lemberg/Lvov ist der Geburtsort meines Großvaters. Das Lied ist eine Nebeneinanderstellung zweier Welten. Zum einen die schönen unvergessenen Momente wie Hochzeitsfeiern, bei denen Wiener Walzer gespielt wurde und wir Sachertorte mit Schlag aßen, zum anderen die untergegangene jüdische Welt. Die eruptiven Momente beim Song – das sind die Getöteten und die Geister... Ich versuchte das Schreien eines Kantors musikalisch umzusetzen.

Manche Musiker wie Lou Reed meiden Österreich derzeit aufgrund der Regierung. Wie ist deine Meinung dazu?

David Krakauer: Ich finde Reeds Verhalten nicht gut. Vor allem als Jude ist es wichtig, in Österreich aufzutreten um auf einer Bühne "fuck you Haider" sagen zu können. Bei Zubin Mehta z.B. würde ich ein Fernbleiben einsehen, denn ich glaube, dass im Opernpublikum eher Haider-Wähler sind.

Du wendest eine besondere Technik, das "circular breathing", beim Klarinettspiel an. Kannst du mir diese Methode näher erklären?

David Krakauer: Du musst wie ein menschlicher Dudelsack agieren. Lang einatmen und schnüffeln... (Krakauer holt tief Luft und bläht die Wange auf) ...die Basis lernst du in einer Woche, ein Jahr brauchst du in etwa, bis du die Technik halbwegs beherrschst.

Du hast das "Tonic" (vormals "Kedem Kosher Winery"; Anm.d.Verf.) in New York City eröffnet. Was genau passiert dort?

David Krakauer: Das ist ein Jazz-Club und dient als Alternative zur Knitting Factory. Die Idee entstand, da ich oft gefragt wurde, wo in New York City Klezmer gehört werden kann. Im Dezember 1998 war schließlich die Eröffnung und jeden Sonntag sind Live-Konzerte zu hören.

Welche Musik hörst du gerne?

David Krakauer: Jazz aus den 20er bis 60er Jahren, vor allem aber Art Ensemble of Chicago, Coltrane und Hawkins, aber auch Beethoven... und viel Funk! Parliament, Funkadelic, James Brown, Troublefunk. Public Enemy mag ich genauso wie Beatles und Hendrix. Nur nicht die neuen Sachen von Rolling Stones, denn das klingt wie Backstreet Boys! [mh]


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