#16 vom 30.06.1996
Rubrik Neu erschienen
Bim Sherman "Miracle"
Reggae
(CD, LP)
Es gibt Musik, die hörst du das erste Mal und sie klingt doch so vertraut, als begleite sie dich schon immer. Bim Shermans Album "Miracle" ist so eine Platte; auf leisen Sohlen schleicht sie sich heran, kriecht, einen leisen Schauer hinterlassend, dein Rückgrat hinauf, um dann ganz langsam den Lautstärkeknopf in deinem Bewußtsein aufzudrehen. Obwohl Bim Sherman aus Jamaica kommt, wäre es viel zu einengend, seine Musik als Reggae zu bezeichnen, schon deshalb, weil auf dem gesamten Album kein einziges elektrisches Instrument auftaucht. Der Beat wird durch die Tablas eher angedeutet, die akustische Gitarre schmiegt an die leise pulsierenden karibischen Grooves, ein Streichorchester schwelgt in indischen Träumen und Shermans Stimme tropft dazu wie Honig auf frische Butter; samtig, seidig, zurückhaltend aber eindringlich. Diese Musik schwebt in ihrem eigenen Kosmos, fernab von jeglichen Vergleichen. Streckenweise erinnert die flirrende, schwelgerische Stimmung an Van Morrisons "Astral Weeks", allerdings hinkt auch dieser Vergleich, denn wo "Astral Weeks" von eindringlichem Schmerz und tiefer Sehnsucht geprägt ist, klingt "Miracle" entspannt und im Frieden mit sich selbst. Wenn Sherman von verlorenen Träumen und unerreichten Paradiesen singt, so scheint er selbst dort noch Harmonie und Schönheit zu finden. Wenn wir schon bei den Vergleichen sind, dann stellt euch lieber mal die Schlange Kaa aus Disneys "Dschungelbuch" vor, die - das Singen hat sie inzwischen gelernt - ihre Zuhörer in einen hypnotischen Traumzustand einlullt, aus dem man erst erwacht, wenn das letzte Lied verklungen ist. [pg]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#218: Jeb Loy Nichols "Just What Time It Is"> [bs:Â @@@]
<#172: rec-order.news.weltweit>
<#083: Finley Quaye "Maverick A Strike"> [bs:Â @@@@]
<#038: LA's Hottest> [pg]
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