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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #678 vom 14.06.2010
Rubrik Feature

Robert Schumann #1

Lithographie von Joseph Kriehuber 1839, Quelle: http://de.wikipedia.org/

Am vergangenen Dienstag feierte die Klassikwelt (und nicht nur die?) den 200. Geburtstag des romantischen Komponisten Robert Schumann. Schumann wurde 8.6.1810 in Zwickau geboren, am 29.7.1856 verstarb er in der Heil- und Pflegeanstalt in Endenich (heute ein Stadtteil von Bonn). Dazwischen lagen Jahre der intensiven und leidenschaftlichen Auseinandersetzung mit Musik zwischen Tradition und Innovation, ein an Ãœberraschungen nicht armes Privat- und Familienleben, zuletzt ein tragisches Ende.
Selbstredend nehmen die Klassik-Labels den runden Geburtstag zum Anlass, eine schier unübersichtliche Anzahl an Neu- und Wiederveröffentlichungen von Alben und CD-Boxen mit Schumann'scher Musik auf den Markt zu werfen. Es ist nahezu unmöglich den Überblick über diese Releases zum Schumann-Jahr zu behalten. Die folgende Auswahl kann also nicht mehr als der erste Teil einer repräsentativen Auswahl sein. [sal]


Robert Schumann / Jörg Demus "Complete Piano Works"

Klassik – (Nahezu) sämtliche Werke Robert Schumanns für Klavier (1972-76)
(13CD; Nuova Era)

Der österreichische Pianist Jörg Demus (*1928) ist ein stiller, fleißiger Star der Klassik-Szene: In unzähligen Aufnahmen hat er als Solist, als Kammermusik-Partner und als Lied-Begleiter (unter anderem von Dietrich Fischer-Dieskau) geglänzt, dennoch fällt sein Name selten, wenn es um die ganz Großen seiner Zunft geht. Nicht, weil ihm das Können dazu fehlt, sondern weil er sich als Musiker niemals in den Vordergrund gedrängt hat.
Seine Gesamteinspielung der Werke für Klavier solo von Robert Schumann (1810-1856), in den 1970ern für das italienische Label Nuova Era entstanden, ist ein guter Beleg dafür, wie zurückhaltend und bescheiden Demus im Umgang mit der Klavierliteratur blieb: Deutlich introvertierter und weniger emphatisch als das seiner Zeitgenossen bleibt Demus' Spiel beim großen deutschen Romantiker und nimmt damit vieles vorweg, was sich erst in den letzten Jahren in der Interpretation Schumanns durchsetzen sollte. Nachteil dieser sehr preisgünstig zu findenden 13-CD-Box ist die eher unterdurchschnittliche Klangqualität, die über weite Strecken sehr stumpf und zweidimensional bleibt. Schade: Es gibt Aufnahmen aus den 1970ern, die auch dem Vergleich mit heutigen Aufnahmen standhalten, hier täte ein sorgfältiges Remastering Not. Dass in der Box, wie in nahezu allen anderen Gesamteinspielungen, zahlreiche kleinere Werke ohne Opuszahl fehlen, fällt hingegen nicht so sehr ins Gewicht.
Wer preisgünstig an künstlerisch ordentliche Schumann-Interpretationen kommen möchte, der kann hier zugreifen. Für die anderen gilt: Mindestens einen Punkt muss man hier wegen der schwachen Tonqualität abziehen. [sal: @@]


Robert Schumann / Tobias Koch "Klaviermusik für die Jugend"

Klassik – mustergültige Einspielungen
(2CD; Genuin)

Schon im Januar 2010 legte der Düsseldorfer Pianist Tobias Koch mit seinem Album "Klavierwerke aus Dresden 1845-1849" einen sehr starken Beitrag zum aktuellen Schumann-Jahr vor, nun steigert er noch einmal sein ohnehin schon hohes Niveau. Auf zwei authentischen Instrumenten, einem Streicher von 1847 und einem Pleyel von 1844, spielt er auf seinem neuen Album "Klaviermusik für die Jugend" einige kleinere, teilweise unveröffentlichte Werke, die "Drei Clavier-Sonaten für die Jugend, op. 118" und, sozusagen als Herzstück der Veröffentlichung, das "Album für die Jugend, op. 68". Die Wahl der Instrumente ist dabei keine Nebensächlichkeit: Schumann schrieb diese Musik auf diesen Instrumenten für diese Art von Instrumenten, deren Klang vom heutigen Konzertflügel deutlich abweicht.
Tobias Koch bleibt, trotz seiner starken Persönlichkeit, ganz der bescheidene Musiker im Dienste Schumanns, ohne Manierismen, ohne egozentrische Kapriolen. Sein Spiel scheint so sehr in Schumann selbst verwurzelt, dass er den Zuhörer immer mehr in dessen Bann zieht. Kochs federleicht-verspielte Virtuosität und die intelligente Wahl der Instrumente machen das Album nicht nur im musikwissenschaftlichen Sinne authentisch, sondern auch künstlerisch absolut stringent. Dazu kommt, dass das Album auch klanglich voll zu überzeugen weiß und sogar die Liner Notes, von Koch selbst geschrieben, überaus unterhaltsam und informativ sind.
Revolutionär, romantisch, virtuos, emotional, aber unkitschig und unprätentiös: So muss Schumann klingen. [sal: @@@@@]


Robert Schumann / Various "Orchestral Music"

Klassik – die wichtigsten Orchesterwerke Schumanns in einer Box (1973-2002)
(4CD; EMI Classics)

Mit einem Griff in die üppig gefüllten Archive begehen viele Labels das dreifache Jubiläumsjahr (Chopin, Schumann und Mahler feiern 2010 runde Geburtstage), so auch das Kölner Major-Label EMI Classics. In der vorliegenden Box "Orchestral Music" wurden die populärsten Orchesterwerke von Robert Schumann (1810-1856) in verschiedenen Aufnahmen zusammengefasst. Dabei ist die Qualität der ausgewählten Einspielungen, wie immer bei solchen Boxen, unterschiedlich: Referenzstatus genießen die Aufnahmen der vier Sinfonien der Staatskapelle Dresden unter Wolfgang Sawallisch; gut sind die Konzerte mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester unter Hans Vonk mit den Solisten Frank Peter Zimmermann (Violine), Truls Mørk (Cello) und Christian Zacharias (Klavier), eher mäßig die Ouvertüren mit dem Philharmonia Orchestra unter Riccardo Muti, dazu gibt es noch einige kleinere Werke in guten oder zumindest ordentlichen Einspielungen.
Alles in allem ist dies eine lohnenswerte und sehr preisgünstige 4-CD-Box, bei der man viel Qualität und nur wenig Überflüssiges fürs Geld bekommt. Wer allerdings auf historisch-informierte Aufführungspraxis achtet, wird an dieser Box keine Freude haben, da sie ausnahmslos auf modernen Instrumenten eingespielt wurde.
In ähnlicher Aufmachung sind auch Schumanns Klavierwerke (6CDs), die Lieder (6CDs), die Kammermusik (5CDs) und die selten aufgeführten und eingespielten Chorwerke (9CDs) bei EMI Classics erschienen. [sal: @@@]


Robert Schumann / Mandelring Quartett · Claire-Marie Le Guay "Piano Quartet · Piano Quintet"

Klassik – Kammermusikalische Meisterwerke, meisterlich gespielt
(SACD; Audite)

Schon ihre Schubert- und Shostakovich-Aufnahmen konnten voll überzeugen, nun legt das pfälzische Mandelring Quartett einen Beitrag zum Schumann-Jahr vor. Gemeinsam mit der französischen Pianistin Claire-Marie Le Guay haben sie die beiden populärsten Kammermusikwerke von Robert Schumann (1810-1856) aufgenommen: das Klavierquartett in Es-Dur, op. 47 und das Klavierquintett in Es-Dur, op. 44.
Das Mandelring Quartett vereint auf dieser SACD alle Tugenden, die sie schon in der Vergangenheit als eines der allerbesten deutschen Streichquartette ausgezeichnet haben (und es gibt in Deutschland überdurchschnittlich viele Weltklasse-Ensembles!): Präzision im Spiel, ein warmer, weicher, sehr angenehmer (und angemessener) Klang, rhythmisch akzentuiertes Spiel. Auf dieser Aufnahme erstaunt (und erfreut) besonders, wie sich die französische Pianisten Claire-Marie Le Guay wirklich nahtlos ins Ensemble einfügt. Das klingt nicht, als ob ein Quartett mit einer Gastpianistin spielen würde, sondern wie ein organisches Ensemble. Das Verständnis der Musiker untereinander und die Synchronizität ihres Spiels und der Emotionen sind kaum besser vorstellbar.
Es gibt viele Aufnahmen von diesen Werken, aber ich habe noch keine gehört, auf der so organisch, so harmonisch, so leidenschaftlich miteinander musiziert wurde. Eine klangliche und interpretatorische Referenzaufnahme, die von der ersten bis zur letzten Sekunde fasziniert. [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Robert Schumann / Various "Complete Solo Piano Works"

Klassik – (Nahezu) sämtliche Werke Robert Schumanns für Klavier
(13CD+CD-Rom; Brilliant)

Ronald Brautigam, Luba Edlina, Peter Frankl, Mariana Izman, Wolfram Schmitt-Leonardy und Klára Würtz: Relativ bekannte und relativ unbekannte Interpreten teilen sich die Gesamteinspielung der Werke für Klavier solo von Robert Schumann (1810-1856) des niederländischen Budget-Labels Brilliant. Dass dies nicht immer eine Einschränkung in Sachen Qualität sein muss, belegt (einmal mehr) diese insgesamt gut gelungene Zusammenstellung. Erstaunlich dabei ist, dass nicht die hochgelobten Aufnahmen des ungarisch-britischen Pianisten Peter Frankl aus den 1970ern den stärksten Eindruck hinterlassen, sondern die der ungarischen Pianistin Klára Würtz, die den Großteil der Aufnahmen stellt und deren Deutungen zwar nicht immer, aber oft genug voll überzeugen können; vor allem die Klaviersonaten gelingen ihr ganz wunderbar.
Klanglich ist diese Box im Budget-Segment konkurrenzlos und auch interpretatorisch hört man auf hier keine bösen Ausrutscher. [sal: @@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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