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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #397 vom 12.07.2004
Rubrik Feature

Sal's Prog Corner #36

Für die letzten Ausgaben der Prog-Corner vor meinem Sommerurlaub (in dem es hoffentlich sommerlicher und wärmer zugehen wird als im aprilhaften Deutschland) habe ich einen großen Stapel von Veröffentlichungen unterschiedlichster Couleur vorliegen, zu viele für eine Prog-Corner-Ausgabe. Deswegen kommt Prog Corner #36 heute, nächste Woche dann schon #37.
Wie immer auch dieses Mal: Viel Vergnügen. [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Proto-Kaw "Before Became After"

Retroprog – Kansas revisited
(CD; InsideOut)

Nach dem überraschenden Erfolg der Kansas Archiv-Veröffentlichungen "Proto-Kaw: Early Recordings from Kansas 1971-1973" entschloss sich Mastermind Kerry Livgren flugs die alten Proto-Kansas-Mannen als Band wiederzuvereinen und ein neues Album einzuspielen. Proto-"Kaw" (das indianische Wort für den Landstrich Kansas) standen somit nach 30 Jahren quasi in Originalbesetzung zum ersten Mal unter professionellen Bedingungen in einem Studio. Wer nun denkt, Proto-Kaw machten da weiter, wo sie dereinst aufgehört haben, also "stark psychedelisch und sehr düster, jazzig und aggressiv", der wird von "Before Became After" eher enttäuscht sein, denn das Album hat nur noch ansatzweise Elemente der Frühwerke. Stattdessen klingen Proto-Kaw nun doch den bekannten Kansas nicht unähnlich, insgesamt sehr symphonisch ausladend bis ins Bombastische hinein.
Trotzdem: "Before Became After" ist kein schlechtes Album; wäre es in den 70er Jahren erschienen, hätte es sogar das Zeug zu Kultstatus – so bleibt es aber nur ein, zugegeben gelungenes, Retro-Album. [sal: @@@]


Karmakanic "Wheel Of Life"

Retroprog – Das Soloprojekt des Flower Kings-Bassisten Jonas Reingold zum zweiten
(CD; Regain)

Wie schade: Nach dem überraschend frischem und witzigem Debüt "Entering The Spectra" des Jonas Reingold Solo-Projekts Karmakanic, legt der Ausnahmebassist nun ein Zweitwerk hinterher, das eindeutig berechnender konzipiert ist, als das das 2002er Album.
Insgesamt klingt "Wheel Of Life" nun so sehr nach Reingolds Stammband The Flower Kings, dass man Karmakanic jeden eigenständigen Charakter absprechen muss. Ordentlich gemacht und gespielt, aber ich werde das Gefühl nicht los, alles schon einmal (oder mehrmals) gehört zu haben. "Wheel Of Life" ist eine Blaupause der Flower Kings, zusammengebaut aus Versatzstücken der schwedischen Wunderkiste und wird möglicherweise in seiner Gänze nicht einmal beinharte Flower Kings-Fans überzeugen, denn spätestens nach zwei bis drei Stücken geht dem Album hörbar die Luft aus und es wiederholt die eh schon recycelten Zutaten immer und immer wieder.
Chance vertan – fragt sich nur, ob ich mich nun vor dem bald erscheinenden neuem Flower Kings Album fürchten muss, oder ob ich mich auf das Original freuen darf. [sal: @@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


A Sparrow-grass Hunt "Le journal du dormeur"

Avantgarde-Prog – Debussy meets Prog
(CD; Musea)

A Sparrow-grass Hunt ("eine Spargeljagd"), das klingt schon surrealistisch und wie bei den Surrealisten steht auch bei dieser franco-niederländischen Formation der Traum im Vordergrund musikalischer (und textlicher) Betrachtungen. Niemand sollte also bei solch einer Zielvorgabe lärmenden Rock'n'Roll erwarten.
Und in der Tat, schon die ersten Takte tragen einen Hauch der Musik der Impressionisten à la Debussy in sich. Hier, wie auch bei den folgenden Traumzyklen dominiert Rosalie Hartogs Violine, meistens in Tateinheit mit Julien Ashs Keyboards bzw. Piano; Gitarre und Bass (oder gar Percussion) werden auf "Le journal du dormeur" nur ergänzend eingesetzt. Wenn sich das Instrumentarium erweitert und die Band songorientierter arbeitet (und weniger frei schwebend), dann entwickeln sich schnell die musikalischen Hooks des Albums (etwa "Hyperdelic"), die vielleicht nicht einmal die besten Songs des Albums sind, die aber wegen ihrer klareren Struktur den einfachsten Einstieg ins Album bieten.
Der Rest der Musik ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache und kann wohl mit der selben Berechtigung als langweilig (weil recht spannungsarm) bezeichnet werden, wie man die Musik auf "Le journal du dormeur" auch als angenehm, träumerisch, surreal bezeichnen könnte – mir gefällt es. [sal: @@@]


Ayreon "The Human Equation"

Bombast-Prog – Arjen Lucassen dreht auf
(2CD+DVD; InsideOut)

Der niederländische Multiinstrumentalist Arjen Lucassen ist in Fachkreisen für seine episch angelegten Prog-Opern (böse Zungen behaupten Operetten) mit absoluter Star-Besetzung bekannt. So ist es nicht verwunderlich, dass er auch für sein neuestes Projekt eine Vielzahl prominenter Mitstreiter gewinnen konnte, die sich wie das Who-is-who im Prog lesen: Unter anderem sind James LaBrie (Dream Theater), Heather Findlay (Mostly Autumn), Mikael Akerfeldt (Opeth), Devon Graves (Deadsoul Tribe) und Devin Townshend als Sänger zu hören, dazu Ken Hensley (Uriah Heep), Oliver Wakeman (Sohn von Rick Wakeman, Yes) und Martin Orford (IQ) mit einem Keyboardsolo.
Zum Plot: Ein äußerst unangenehm egozentrischer Zeitgenosse (James LaBrie) liegt nach einem Autounfall in einer Art Wachkoma. Über ihn wachen seine Frau und sein bester Freund; in ihm tobt das Chaos der Gefühle für zwanzig Tage. Am Ende erwacht er geläutert... naja... große Literatur ist vielleicht etwas anderes.
Zur Musik: Schlichtweg perfekt! Soundmäßig trotz gewaltiger Arrangements klar im Klangbild, die beteiligten Musiker beweisen ihre makellose Meisterschaft, die Stimmen sind sinnvoll gecastet. Ja, natürlich ist das alles zu bombastisch, zu groß, zu laut, zu episch – aber andererseits es ist so mitreißend, so gewaltig, dass man sich der Faszination wirklich nicht entziehen kann. Lucassen zieht alle Register so perfekt, dass es einem egal sein kann, dass das alles eigentlich auch ein wenig peinlich ist. Und wem das noch nicht genug ist, der möge zur Special Edition mit "Making of..." DVD greifen und/oder zu den EPs "Day Eleven: Love" mit zwei Non-Album Tracks und "Loser" mit drei Non-Album Tracks und einer deutlich umarrangierten Version des Titelstücks). Allesamt: Großes Prog-Kino, Popcorn & Hollywood, ja, aber großes Kino. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


IQ "Dark Matter"

NeoProg/RetroProg – Dunkles Meisterwerk
(CD; Giant Electric Pea)

Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet, dass IQ nach ihrem Meisterwerk "Subterranea" noch einmal so ein Brett hinlegen würden, schon gar nicht, als sie es mit dem Studio-Nachfolger "The Seventh House" deutlich unspektakulärer angehen ließen. Die Bürde, etwas Gleichwertiges nachzulegen zu müssen, war gewiss nicht leicht zu tragen und gelang IQ auch erst jetzt im zweiten Anlauf.
Anstatt Ähnliches zu reproduzieren oder schlichtweg fortzuführen, haben sie versucht sich musikalisch weiterzuentwickeln. Mit Erfolg: Peter Nicholls singt zwar nicht weniger ausdrucksstark als auf "Subterranea", verzichtet aber auf die großen theatralischen Posen. Der Sound der Band ist nun deutlich entschlackt und von viel NeoProg-Ballast befreit (es dominieren nun Mellotron und Hammond statt Synthesizer) und somit zeitloser. Das Songwriting ist nun weniger episch ausladend ausgelegt und variabel; so haben die fünf Tracks des Albums alle ihren eigenen Charakter und sind alle auf ihre Art kleine Meisterwerke. Mal düster, mal hymnisch, mal treibend schaffen IQ ein 'erwachsenes' Album, ihr vielleicht bestes Album neben "Subterranea". [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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