#351 vom 21.07.2003
Rubrik Feature
Peter's Honky Tonkin' #6
Seit langem mal wieder ein Honky Tonk. Darunter drei Compilations, die für jeden Sammler, Archivar oder Neuentdecker von Country-Musik von großem Interesse sein sollten. Jeweils digital remastered enthalten diese Anthologien ein schön gemachtes, informatives Booklet und die wichtigsten Songs, die Bill Monroe, Flatt & Scruggs und Roger Miller aufgenommen haben.
Passend zum Sommer ist dieser Ãœberblick sehr Roots-lastig, aber die alte Frage bleibt ja auch stehen: "Is the grass any bluer on the other side?" [pb]
Bill Monroe "Anthology"
Bluegrass – Schöne Anthologie der Decca- und MCA-Zeit des Vaters des Bluegrass
(CD; MCA Nashville)
Bill Monroe gilt zu Recht als Erfinder des Bluegrass, die ständig wechselnde Besetzung seiner Blue Grass Boys liest sich wie ein Lexikon der Country Music: Lester Flatt, Earl Scruggs, Vassar Clements, Del McCoury, Peter Rowan undundund. Eine Label-übergreifende Anthologie dieser Legende wäre mehr als wünschenswert für jeden Fan. Leider hat auch die vorliegende "Anthology" damit nichts zu tun, sondern umfasst mit ihren 50 Songs "nur" die Decca- und MCA-Zeit des Mandolinen-Spielers, also etwa ab 1950, nachdem beispielsweise Flatt & Scruggs die Band bereits verlassen hatten. Trotzdem ist "Anthology" beeindruckend genug und beinhaltet u.a. mit "Muleskinner Blues", "Blue Moon Of Kentucky" und "Footprints In The Snow" einige von Monroes wichtigsten Songs. Für diejenigen, die von Monroe noch gar nichts haben, weit mehr als nur eine Einstiegsdroge. [pb: @@@@]
<#013: Jerry Douglas & Peter Rowan "Yonder"> [pb]
<http://www.billmonroe.com/>
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Flatt & Scruggs "The Complete Mercury Recordings"
Bluegrass – Gute Anthology des führenden Bluegrass-Duos
(CD; Mercury)
Wenn Bill Monroe Bluegrass erfunden hat, sind seine beiden ehemaligen Mitstreiter Lester Flatt und Earl Scruggs mit ihren Foggy Mountain Boys wohl diejenigen, die das Genre berühmt machten. Für heutige Zeiten unvorstellbar, aber Flatt & Scruggs hatten richtige Hits mit der Mutter weißer Rootsmusik; ihr "Foggy Mountain Breakdown" kennt wahrscheinlich jeder, selbst Menschen, die sich ihr ganzes Leben noch nicht mit Country beschäftigt haben. Wer sich allerdings damit beschäftigen möchte, vielleicht sogar noch mit Bluegrass im Besonderen, der kommt um Flatt & Scruggs nicht drum herum, für den ist "The Complete Mercury Recordings" eine sehr schöne Zusammenstellung, auch wenn die Linernotes von Mary Katherine Aldin etwas gewöhnungsbedürftig sind. [pb: @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Roger Miller "All Time Greatest Hits"
Country – Anthologie des Entertainers unter den Country-Stars
(CD; Mercury)
Roger Miller ist in seiner aktiven Zeit mit Auszeichnungen nahezu überschüttet worden. Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet 20 seiner größten Hits, die natürlich seinem kompletten Schaffen nur bedingt gerecht werden (allein 19 seiner Songs stehen heute noch auf der ewigen Top 40 Country Hitliste), aber dem Einsteiger den recht schrägen Vogel Miller formidabel näher bringen. Roger Miller, den die meisten durch "King Of The Road" kennen, war immer mehr Entertainer als Singer/Songwriter, was "All Time Greatest Hits" eindrucksvoll beweist. Seine Songs allerdings werden mit Sicherheit noch von mehreren Generationen gecovert werden. [pb: @@@@]
Acoustic Syndicate "Terra Firma"
Bluegrass – abwechslungsreicher, moderner Bluegrass mit leichten Schwächen im Gesang
(CD; Sugar Hill)
Irgendwo zwischen Jam-Band und Modern Bluegrass angesiedelt, beweisen Acoustic Syndicate auf ihrem ersten Album für ein größeres Label, dass Bluegrass alles andere als eine stinkstiefelige, altbackene Musik ist. Wie Vorreiter Bela Fleck & The Flecktones mischen die beiden Brüder McMurry Banjos und Saxophone, wie Jam Bands a la The String Cheese Incident fügen sie auch Gesang hinzu. Genau dieser ist der Schwachpunkt. Während die Band aus North Carolina wie der Teufel spielen kann, sind die gesanglichen Fähigkeiten von Steve McMurry eher beschränkt. Trotzdem macht dieser Stilmix, der von purem Bluegrass bis Jazz und Reggae reicht, Spaß, und "Terra Firma" ist ein abwechslungsreiches Album, in das Genre-Interessierte zumindest mal rein hören sollten. [pb: @@]
Dwight Yoakam "Population Me"
Country – wie gewohnt sehr gut, wenig Neues, aber auf allerhöchstem Niveau
(CD; Audium)
Der Fluch der Qualität könnte auch Dwight Yoakam einholen. Nicht, weil er auf einmal schlechte Alben machen würde, im Gegenteil, weil er zu viele gute macht. "Population Me" ist Yoakams fünfzehntes Album, und wieder ist das, was er und sein Partner-in-Crime Pete Anderson da abliefern, allererste Sahne. Irgendwo zwischen Bakersfield und Nashville gibt der Cowboy alles. Das Duett mit Willie Nelson "If Teardrops Were Diamonds" lässt mich zum reichen Mann werden, wenn der Titel stimmt. Das Bacharach-Cover "Trains And Boats And Planes" ist bezaubernd und der Opener "The Late Great Golden State" stände den Eagles gut, wenn in den Augen der Adler noch Gitarren und nicht nur Dollarzeichen glänzten. Wer also Dwight Yoakam mag, wird auch um "Population Me" nicht drum rum kommen, wer ihn nicht kennt, sollte das schnellstens ändern. Nur die mit 32 Minuten knapp bemessene Länge der CD könnte man als Manko anbringen, aber mir sind zehn Songs in einer halben Stunde, die keine Wünsche offen lässt, deutlich lieber, als 70 Minuten voller Mittelmäßigkeit. [pb: @@@@]
<#224: Dwight Yoakam "Tomorrow's Sounds Today"> [pb:Â @@@@]
<http://www.dwightyoakam.com/>
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Scott Miller & The Commonwealth "Upside Downside"
Americana – mal laut, mal leise, mal gut, mal klasse!
(CD; Sugar Hill)
Scott Millers zweites Soloalbum nach dem hervorragendem, sehr rockenden "Thus Always To Tyrants" schaltet über weite Strecken einen Gang zurück. Und immer wenn es das tut, ist es exzellent! Die lauten Songs der lauteren 'Upside' machen Spaß, sind toll gespielt, können aber vom Songwriting nicht mit den ausgezeichneten Stücken des Vorgängers mithalten. Getrennt durch ein instrumentales "Chill, Relax, Now", das mit seiner funky Orgel fast für den Soundtrack eines 1970er-Jahre Films taugen würde, folgt die 'Downside'. Hier trumpft der ehemalige V-Roys-Mann auf. Meist akustische Americana, ein herausragender Sänger, tolle Songs und mit Patty Griffin und Tim O'Brien äußerst bereichernde Gäste. So ist "Upside Downside" ein sehr abwechslungsreiches Album geworden, das zwar seine Schwächen hat, unterm Strich aber mehr als überzeugt. [pb: @@@]
<#319: Tim O'Brien "Two Journeys"> [hb:Â @@]
<http://thescottmiller.com/>
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight