#203 vom 03.07.2000
Rubrik Feature
Voodoo Jive – Rhythm & Blues im Schnelldurchlauf
"Voodoo Jive – Die Sendung für Rhythm&Blues und Artverwandtes" wird jeden dritten Sonntag im Monat von 19-20h vom Nürnberg Lokalsender Radio Z ausgestrahlt. Moderator Peter Point (der beim Schallplattenmann mit [pg] zeichnet) stellt euch in diesem Feature Neuheiten aus den Bereichen Blues, R&B, Soul, Funk, Cajun/Zydeco bis hin zu African Blues vor. Also eine "Roots"-Rubrik im weitesten Sinne.
<#203: Pinetop Perkins "Back On Top"> [pg:Â @@@]
<#203: Kenny Neal "What You Got"> [pg:Â @@]
<#203: Honeyboy Edwards "I've Been Around"> [pg:Â @@@]
<#203: Odetta "Living With The Blues"> [pg:Â @@@@@]
<#203: B.B. King "Makin' Love Is Good For You"> [pg:Â @@]
<http://www.radio-z.net/>
Son Seals "Lettin' Go"
(CD; Telarc)
Keiner hat ihn richtig vermisst, umso überraschender sein Comeback: Son Seals galt in den 70er Jahren als die einzigst bemerkenswerte Entdeckung des Chicago-Blues und war ein Jahrzehnt lang eine feste Größe des modernen Blues. Trotz seines (für Blues-Verhältnisse) relativ jungen Alters wurde dieser bemerkenswerte Sänger, Gitarrist, Komponist und Arrangeur in den 80ern von einer neuen Generation von Bluesmusikern verdrängt und auf's Veteranen-Abstellgleis geschoben. Sein jüngster Streich beweist nun, was uns an ihm fehlte – ohne dass wir es wussten. "Lettin' go" ist ein stürmisches Album, mitreißend vom ersten bis zum letzten Ton. Seltsamerweise, muß man sagen, denn die musikalische Form ist keineswegs außergewöhnlich. Cool groovende Shuffles, hitziger Funk, treibender Old School Rock´n´Roll und satte Bläser. Doch die Feinheiten machen den Unterschied. Seals' Gitarrenspiel beispielsweise ist äußerst ungewöhnlich. Spielt er ein Solo, so wechselt er kaum die Lage, vielmehr variiert er ein und dieselbe Phrase immer wieder neu und überdehnt sie bis zur Schmerzgrenze. Die Wirkung ist eine verblüffende Intensität, ein stetiges Hochschaukeln, das nicht wenig von einem sexuellen Akt hat. Seine Stimme, ein kraftvolles, dunkles und rauhes Organ, passt hervorragend in diesen Kontext. Ein äußerst originelles Album mit Biss und Feuer. [pg: @@@@]
Pinetop Perkins "Back On Top"
(CD; Telarc)
Die alten Meister wollen es nochmal wissen: Nach James Cotton ist Pinetop schon der zweite Methusalix aus der Muddy Waters Band, der uns dieses Jahr sein altersweises Werk feilbietet. Schon als er anno 1970 den Pianohocker des verstorbenen Otis Spann übernahm, war er nicht mehr der jüngste, mittlerweile hat er stolze 86 Lenze auf dem Buckel. Mr. Perkins war nie ein großer, aber ein sympathisch unaufgeregter Sänger und sein Pianospiel ist noch hörbar vom alten "Barrelhouse"-Stil seiner Jugend beeinflusst. Auf "Back On Top" (war er jemals weg?) hören wir eine traditionelle, vorwiegend semi-akustische Mischung aus schlurfigem Slowblues und munter hüpfenden Boogies, veredelt durch die Einlagen der Gäste Corey Harris (g) und Sugar Ray Norcia (harp). [pg: @@@]
<#196: James Cotton "Fire Down Under The Hill"> [pg:Â @@@]
<#199: Corey Harris & Henry Butler "Vü-Dü Menz"> [pg: @@@]
Kenny Neal "What You Got"
(CD; Telarc)
Kenny Neal gilt als einer der vielen Hoffnungsträger des modernen Blues, doch wie viele seiner Kollegen muss auch er sich fragen lassen, was ihn von Leuten wie Robert Cray oder Joe Louis Walker unterscheidet. "What You Got" enthält die gewohnte Down Home-Mischung aus Blues, Soul und Funk, wie immer kompetent gespielt und arrangiert. Was ich hier vermisse ist die eigene Note, die diesen Standard-Sound rechtfertigen könnte. [pg: @@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Honeyboy Edwards "I've Been Around"
Re-Release
(CD; 32 Blues)
Nach Homesick James und Eddie Kirkland präsentieren uns die unermüdlichen Archäologen von 32 Blues ein weiteres Leckerchen aus der Sparte "archaischer Deltablues". Der Honeyboy war Zeit seines Lebens ein Pechvogel, der seine Chancen verpasste oder einfach Opfer unglücklicher Umstände wurde, jedenfalls ist sein Output verschwindend gering. Diese Aufnahme aus den mittleren 70er Jahren zeigt ihn als akustischen Delta-Blueser der ersten Stunde, nur begleitet von Walter Horton an der Harmonika und Eddie El an der zweiten Gitarre, der einen Platz neben prominenten Weggefährten wie Big Joe Williams oder Robert Johnson durchaus verdient hätte. Obwohl er damals auch schon im Frührentenalter war, erinnert seine Stimme kurioserweise oft an den jungen Dylan. [pg: @@@]
<#199: Eddie Kirkland "The Complete Trix Recordings"> [pg:Â @@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
Odetta "Living With The Blues"
(CD; Vanguard)
Diese überaus gelungene Zusammenstellung vereint 20 teilweise unveröffentlichte Blues-Aufnahmen, die die große Folksängerin während der 60er Jahre für das Vanguard-Label machte. Auch wenn sie eher den Kreisen um Oberfolkie Pete Seeger zugerechnet wurde, so beweisen diese Aufnahmen doch, dass sie eine Bluessängerin war (und immer noch ist), der ein Ehrenplatz neben Bessie Smith, Ma Rainey und Sippie Wallace gebührt. Ob in kleiner Band-Besetzung oder nur begleitet von dem genialen Bassisten Bill Lee: Odetta erfüllt jeden Song mit einer unglaublichen Kraft und Intensität. Kein Kreischen, kein Stöhnen, kein Gekiekse, keine überflüssige Phrasierung – nur diese seltsam getragene Stimme, die jeden Nerv durchdringt. Odetta ist ein wirksames Gegenmittel für eine heute weit verbreitete Krankheit namens "Oversouling". Allein ihre A-capella-Version von "Another Man Done Gone", einem Song, der bis in die Sklavenzeit zurückreicht und später als "Baby Please Don't Go" zu Weltruhm gelangte, lohnt den Kauf dieses Albums. Nur die Stimme einer Frau, begleitet vom eigenen Händeklatschen und ein Konzertsaal, der kollektiv die Luft anhält – kaum zu überbieten! [pg: @@@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#476: North Mississippi Allstars "Electric Blue Watermelon"> [bs:Â @@@@]
<#417: Odetta im Interview> [pg]
<#371: Pointy Gruners Jahresrückschau> [pg]
B.B. King "Makin' Love Is Good For You"
(CD; MCA)
Das ungefähr zweitausenddreihundertundvierundfünfzigste B.B. King-Album befindet sich in der Werteskala seines Outputs im gehobenen Mittelfeld – also etwa auf Platz eintausendzweihundertunddrei. Scherz beiseite; wenn jemand mit Mitte 70 noch an ca. 200 Abenden im Jahr den Blues spielt, dann klingt das obligatorische Album, das er zwischen Auftritt Nr. 172 und 173 einspielt eben weder sonderlich überraschend noch sonderlich inspiriert. Ein typisches King-Album mit den üblichen Shuffles, angefunkten R&B-Klopfern und süßlichen Balladen, meines Erachtens etwas schlampig produziert, synthetische Streicher klingen nun mal ziemlich billig. Der Alte hatte schon mal mehr Biss. [pg: @@]
<#172: B.B. King "Let The Good Times Roll - The Music Of Louis Jordan"> [bs:Â @@@@]
<#133: B.B. King "His Definitive Greatest Hits"> [bs:Â @@@@]
<#125: B.B. King "Blues On The Bayou"> [bs:Â @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#273: B.B. King "A Christmas Celebration Of Hope"> [pb]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight