#495 vom 31.07.2006
Rubrik Neu erschienen
Champagner Gloystein "Moderate Ekstase"
Indierock – die vielleicht am meisten unterschätzte Band Deutschlands
(CD; Dustbowl Sounds)
Aus dem Elektro-Noise-Punk-Bandprojekt Karoshi (jap.: Tod durch Arbeit) hervorgegangen, kümmern sich die vier Jungs von Champagner Gloystein um die härtere, dreckige Seite Hamburgs. Das klingt alles sehr sympathisch nach den alten Tagen der Hansestadt, die einer gewissen Schule sogar ihren Namen aufdrückte. So klingen ab und an Die Sterne durch und Blumfeld (als sie noch nicht Kleingartenanlagenanleger waren); zwischendurch gibt es interessante Instrumentalstücke, die von treibenden Gitarren und Bässen bestimmt werden.
Anspieltipps sind "Dolly", ein hektisches Stück über eine seltsam jenseitige Begegnung, "Tirana", eine Geschichte über einen Schleusenwärter, der die Altstadt flutete, weil er keinen Alkohol bekam (hier darf übrigens Knarf Rellöm den Nachrichtensprecher spielen und ein Saxophon tierisch durchdrehen), "Verkantete Talentete", das aus einem herrlich albernen Wortspiel einen packenden Indiesong bastelt, das rhythmisch anspruchsvolle "Angela Davis Cup", das so auch von Fugazi sein könnte, und der Schlusssong, der bedeutet, dass es sogar eine Indieband gibt, die Selbstironie besitzt. Schön.
Einziges Manko: Der Gesang ist manchmal zu sehr in den Hintergrund gemischt, sodass man die sehr beachtlichen Texte gar nicht recht versteht. Und man hätte gerne noch länger zugehört, aber nach gut dreißig Minuten ist Schluss. Ansonsten zeigt "Moderate Ekstase" mindestens das: Dass wir hier die vielleicht am meisten unterschätzte Band Deutschlands vor uns haben. [tm: @@@@]
<#105: Fugazi "End Hits"> [red]
<http://www.champagner-gloystein.de/>
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a114742