#438 vom 30.05.2005
Rubrik Texte - lesen oder hören
Steffen Radlmaier (Hrsg) "Mein Song"
Thommie Bayer, Ludwig Fels, Frank Goosen, Udo Lindenberg, Georg Ringsgwandl, Rafik Schami, Burkhard Spinnen, Wim Wenders, Willi Winkler und 91 andere schreiben über lebensentscheidende Titel und Lieblingslieder
(Ars vivendi)
"Es gibt Melodien und Lieder/ die bestimmte Rhythmen betreun,/ sie schlagen dein Inneres nieder/ und du bist am Boden bis neun."
Gottfried Benn hat recht, praktisch jeder wurde schon von einem Lied umgehauen, fast alle kennen einen Song als Begleiter für unvergessliche Lebensphasen. Einhundert Menschen präsentieren in "Mein Song" den Soundtrack ihres Lebens. Das riecht zwar eher nach boulevardesker Neugier als nach intellektuellem Erkenntnisinteresse, ist aber auch deswegen so vergnüglich.
Die Auswahl der Autoren ist beliebig – bekannte und noch zu entdeckende, massenkompatible und alternative, verkannte und zu Recht wenig beachtete. Dabei machen Autorinnen wie Elke Heidenreich und Alexa Hennig von Lange ihrem Ruf alle Ehre, Annett Louisan und Heinz Rudolf Kunze bleiben erwartungsgemäß schlicht.
So unterschiedlich wie die Autoren und die ausgewählten Lieder sind auch die Texte: Tom Liwa schreibt eine exzellente Geschichte, bei Michael Augustin bleibt offen, ob das Beschriebene tatsächlich erlebt ist und Wiglaf Droste gießt seinen Abscheu treffsicher auf Keith Jarretts "Köln Concert". Die Klassiker – Dylan, Beatles, Stones – kommen erwartungsgemäß öfters vor, bleiben aber im Gesumse der unterschiedlichen Autorinnen und Autoren angenehm im Hintergrund. Zum Ausgleich werden auch Bernd Clüwer, Marillion und Connie Francis bedacht. Natürlich gibt es auch die Einfältigen, die erst die Frage wiederholen, um sofort an ihr zugrunde zu gehen. Doch selbst die Berichte der unvermeidlichen Langeweiler erfüllen einen guten Zweck: Nach der Geschichte von – zum Beispiel – Wolfgang Niedecken gefällt Hilke Rosenbooms Schmähschrift auf Joe Cocker um so besser. [ms: @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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