#365 vom 03.11.2003
Rubrik Tipp der Woche
Rechenzentrum "Director's Cut"
Elektronisches Gesamtkunstwerk – CD+DVD
(CD, LP; Mille Plateaux)
Die Berliner Künstlergruppe, die zur Zeit aus zwei Musikern und einem Filmemacher besteht, sieht Bilder und Musik als Einheit. Während Filmmusik normalerweise Dienstleistungsfunktion hat, also Handlung und Bilder unterstützt, ist sie bei Rechenzentrum gleichberechtigt. Wahrscheinlich gibt diese Einheit der Musik ungemeine Kraft. Geheimnisvolle, mitunter verstörend wirkende, endlos fließende Ambient-Tracks, dann wieder aus Geräuschen zusammengesampelte Stücke oder Rechnerpiepsen wie aus einem futuristischen Film, Knistern und dazu ein stumpfer Rhythmus, später eine Truffaz-mäßige Trompete. Selbst ohne Bilder ist die Musik fulminant.
Die Bilder dazu erzählen keine Geschichte. Nicht nur der Auftakt wirkt wie die moderne Version von Oskar Schlemmers "Mechanischem Ballett". Unterschiedliche Farbflächen huschen durch das Bild, bis sich daraus langsam eine Bildgeschichte entwickelt – wenn man es so interpretieren möchte. Denn es gibt keine Erzählung, sondern oft nur Farben, Formen, Strukturen und Bewegung. Eine intellektuelle Herangehensweise benötigen diese Multimediakunstwerke trotzdem nicht. Sie sprechen für sich und wecken bei jedem Betrachter sicherlich andere Assoziationen. Eine allgemeingültige Deutung, wie sie oft für Kunstwerke beansprucht wird, kann es für sie nicht geben – es gilt die Dreieinigkeit von Hören, Sehen, Genießen. [ms: @@@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a111149