#320 vom 18.11.2002
Rubrik Neu erschienen
Willy DeVille Acoustic Trio "Live In Berlin"
Der altersmilde Dandy gönnt seiner malträtierten Stimme ein Wellness-Bad in der Akustik-Wanne
(CD; Eagle Rock)
Willy DeVilles allmähliche Wandlung vom smarten Großstadt-Dandy (dem der Colt stets locker im Hosenbund steckt) zum lässigen Country-Gentleman (mit weitläufigem Landsitz, auf dem er seine Rassepferde zureitet) war nur allzu logisch. Genauso konsequent ist da auch die Reduktion seiner Musik auf's Essenzielle. Konsequent und auch notwendig haben seine letzten Konzerte und Alben doch immer offenkundiger gezeigt, dass seine Stimme viel vom zarten Schmelz der Mink-DeVille-Anfangsjahre eingebüßt hat. Hätte er je einen Gesangslehrer gehabt, der hätte ihm das schon lange vorausgesagt: "Nicht so furchtbar pressen! Und lass das Gequalme!".
Wie dem auch sei, das neue Akustik-Live-Album ist im Vergleich zum letzten, etwas müden und konzeptlosen letzten Studiowerk auf alle Fälle ein Fortschritt. Willy ist hörbar entspannt und mit Enthusiasmus bei der Sache. Weder muss er gegen eine laute Band anbellen, noch sein übliches Best-of-Programm abspulen. Viel lieber huldigt er alten Helden wie Ivory Joe Hunter, Ben E. King ("Spanish Harlem"!) oder Champion Jack Dupree. Aus seinem eigenen, umfangreichen Backkatalog wählt er selten gespielte Nummern wie "Storybook Love" oder "Nightfalls", die dank der sparsamen und geschmackvollen Begleitung von Seth Farber (Piano) und David Keyes (Kontrabass) im Vergleich zu den Studiofassungen noch einiges an Intensität gewinnen.
Am besten ist Willy heute, wenn er den charmanten Blues-Crooner gibt, sein aggressiv-heiseres Gebrüll, zu dem er sich noch ab und zu versteigt, wirkt mittlerweile etwas arg bemüht. Ein schönes, entspanntes Alterswerk also, das selbstredend kein Ersatz sein kann für die unglaublichen ersten vier "Mink DeVille"-Scheiben, die an dieser Stelle nochmal jedem dringlichst ans Herz gelegt seien!
Ach ja: Die limitierte Erstauflage von "Live In Berlin" bietet eine zusätzliche CD mit Live-Aufnahmen in der halbakustischen Besetzung von der 2000er "Horse Of A Different Color"-Tour. [pg: @@@]
<#320: Willy DeVille, 13.11.02, Nürnberg, Löwensaal> [pg]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#404: Eddie Hinton "Playin' Around - The Songwriting Sessions Vol. #2"> [bs:Â @@@@]
<#321: Willy DeVille Diskografie> [pg]
<#321: Willy DeVille Acoustic Trio "Live In Berlin"> [pg:Â @@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a109788