#310 vom 09.09.2002
Rubrik Texte - lesen oder hören
Ödön von Horváth / Ulrich Tukur "36 Stunden. Die Geschichte vom Fräulein Pollinger"
Hörbuch – Eine kleine Münchner Geschichte zwischen den Kriegen
(2CD; Tacheles)
"Es gibt nämlich etwas auch ohne das Verliebtsein, aber man hat noch nicht heraus, was das eigentlich ist." Das jedenfalls meint die gerade arbeitslos gewordene Agnes Pollinger, ein durchschnittlich hübsches, durchschnittlich nettes Fräulein aus der Schellingstraße in München. In der provozierend realistischen Prosaarbeit "36 Stunden" des österreichisch-ungarischen Dramatikers Ödön von Horváth ("Geschichten aus dem Wiener Wald", "Kasimir und Karoline", "Glaube Liebe Hoffnung") geht es der weiblichen Hauptfigur um Hunger, Liebe, Leben und das tägliche Ãœberleben im Besonderen. Aber das patente und gutmütige Fräulein Pollinger denkt auch. Nämlich nach: über Echtes und Falsches, über die Abgründe im Gewöhnlichen – und über die Männer.
Die von Ulrich Tukur (Schauspieler, Musiker, Sänger) bravourös gelesene kleine Geschichte aus schwerer Zeit spielt an drei Tagen. Sie beginnt an einem schwülen Augustabend und endet am übernächsten Morgen um sechs Uhr. Dazwischen: ein Reigen gescheiterter Existenzen – ein Bestiarium der deutschen Misere Ende der zwanziger Jahre. Wichtig, wunderbar, wertvoll. [gw]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#358: Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys "Morphium"> [ms:Â @@@@@]
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