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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #565 vom 07.01.2008
Rubrik Feature

Stax Records, Memphis, Tennessee

Quelle: http://www.concordmusicgroup.com/labels/Stax/

Southern-Soul lernte ich zuerst durch den Film "Blues Brothers" (1980) kennen. Mein Horizont erweiterte sich zunächst langsam um die Alben der Band The Blues Brothers (und die Lektüre von Bob Woodwards Biographie "John Belushi: Überdosis"). Dann ging es zügig in die Vergangenheit, denn was mich seinerzeit vor den Auswüchsen der 1980er bewahrte, stammte vor allem aus den 1960ern. Und spätestens mit dem 6LP-Set "That's Soul" war ich in Memphis, Tennessee, angekommen. Nicht beim King, sondern in einem Studio im Ghetto, bei Stax Records.
Dieses 1957 gegründete Label ging 1976 bankrott, wurde aber rechtzeitig zum 50-sten Gründungsjubiläum vom neuen Eigner wiederbelebt und nicht nur deshalb gibt es mittlerweile eine Fülle von Material rund um die Musik des vermeintlich nur regional bedeutenden Südstaaten-Soul-Labels. Einiges davon möchte ich vorstellen. [mmh]


Various "Stax 50th Anniversary Celebration"

Rhythm&Blues – wer die teilweise schwer erhältlichen Singles-Boxen nicht bekommt, kann sich hier trösten oder anstecken lassen
(2CD; Stax/Concord)

Selbstverständlich lassen sich 50 Jahre Label-Geschichte nicht mit einer Doppel-CD abbilden! Das ist im Falle von Stax auch gar nicht nötig, denn die Jahre vor 1961 und nach 1974 sind weitgehend irrelevant. Aber allein in diesen 14 Jahren geschah dennoch so viel, dass es für drei Mehrfach-CD-Boxen mit den Singles-Veröffentlichungen reichte und auf dem vorliegenden Sampler sind nur 50 Songs (natürlich!) in chronologischer Reihenfolge versammelt. Das sind immer noch 2,5 Stunden Unterhaltung von instrumental ("Green Onions") über rau und kantig ("Born Under A Bad Sign") bis zu cool ("Walk On By"). In vielen Fällen sind die (oft gecoverten) Songs bekannter als die Originalinterpreten: "Respect", "Hold On, I'm Coming", "Knock On Wood", "(Sittin' On) The Dock Of The Bay".
Das beiliegende 52-seitige Booklet enthält eine Kurzfassung der Label-Biographie mit Details zu allen vertretenen Interpreten.
Ein wenig lässt sich die Label-Geschichte einteilen in die Jahre bis zum Tod von Otis Redding (10.12.1967), die Ermordung von Martin Luther King (4.4.1968 in Memphis) und die Jahre danach. Erschien die »integrated« Arbeitsweise von schwarzen und weißen Musikern zuvor noch wie eine Selbstverständlichkeit, wurde Stax in den folgenden Jahren mehr und mehr zum Sprachrohr und Förderer eines schwarzen Selbstbewusstseins. Zu den herausragenden Protagonisten dieser späteren Ära zählen Isaac Hayes ("Theme From Shaft") und The Staple Singers ("Respect Yourself"). Auf der kommerziell erfolgreichen Seite begeistert Johnnie Taylor mit den unzweideutigen Hits "Who's Making Love" (1986) und "Cheaper To Keep Her" (1973), bevor Shirley Browns nachdenkliches "Woman To Woman" den Reigen dieser Kompilation beschließt.
Fazit: Eine Doppel-CD, bei der man sich wünscht, alle 50 Songs passten auf eine Scheibe, um am Ende einfach nur Repeat drücken zu können! [mmh: @@@@]


Various "Respect Yourself • Stax/Volt Revue Live In Norway 1967"

Dokumentation zur Label-Geschichte: "The Stax Records Story" und TV-Aufnahmen eines Konzert u.a. mit Booker T. & The MG's, Eddie Floyd, Sam & Save, Otis Redding (s/w)
(2DVD; Universal)

Zuerst habe ich mir das Konzert angesehen, mit ein bisschen Furcht im Nacken angesichts schlechter Erfahrungen mit billigen TV-Verwertungen. Aber von furchtbar kann keine Rede sein! Die Bildregie ist sogar hervorragend (bis auf einen Ausrutscher mit Zooms – immerhin im Rhythmus der Musik!) und im Großen und Ganzen auf sehr erfreulichem Niveau, einschließlich der gelegentlichen Schwenks ins Publikum. Die Aufbereitung verdanken wir der Produktionsfirma Reelin' In The Years, die als Vermarkter brachliegender Musikaufnahmen begann und nun mehr und mehr als Produzent wirklich gut gemachter Dokumentationen auftritt. Dazu gehört auch ein behutsames Remastern des Tons; gelegentlich merkt man, dass der Saalsound wohl zum Ausgleich von Mängeln im Bühnensound hergenommen wurde, der akustische Eindruck bleibt aber immer glaubwürdig, die Instrumente hörbar und Bild und Ton sind jederzeit synchron, was eine Schwäche manch' lieblos produzierter DVD darstellt.
Das gebotene Programm entspricht den Konzerten der damaligen Tour, nur von drei oder vier Stücken waren keine (brauchbaren) Takes erhalten. Beginnend mit der Backing Band Booker T. & The MG's (die ja nicht nur mit "Green Onions" eigene Hits hatten) und den Bläsern der Mar-Keys (a.k.a. The Memphis Horns) wird der Boden bereitet für einige der besten Sänger und Performer des Memphis-Soul: Arthur Conley, Eddie Floyd, Sam & Dave und als Headliner Otis Redding mit fünf Songs (u.a. "Fa-Fa-Fa-Fa-Fa (Sad Song)", "Shake", "Try A Little Tenderness"). Neben den Grooves der Band beeindrucken die energiegeladenen Auftritte der Sänger, die ausnahmslos Vollgas geben und das teils ratlos wirkende norwegische Publikum von den Sitzen reißen.
Beim zweiten Durchlauf empfehle ich den Kommentar von Trompeter Wayne Jackson sowie Gitarrist Steve Cropper, die fast genau 40 Jahre nach dem Konzert überraschend viele Details und Anekdoten beisteuern. So wird ein für die damalige Zeit recht einmaliges Konzert wieder lebendig.
Die Dokumentation auf DVD #1 (übrigens gesprochen von Samuel L. Jackson) ist die unglaubliche Geschichte von Aufstieg und Fall eines der immer noch wichtigsten Label des Soul und Rhythm&Blues. In sehr solider Art und Weise werden hier Interviews mit den noch lebenden Protagonisten und Gründer Jim Stewart, Bilder und O-Töne zu einem chronologischen Erzählstrang zusammen gesetzt, der die Geschichte zum Leben erweckt. Etlichen Teilnehmern merkt man heute noch die Verwunderung an, woran sie damals in den 1960ern mitwirken durften. [mmh: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Isaac Hayes / Gordon Parks "Shaft"

Blaxploitation Movie – Cooler Privatdetektiv sucht entführte Gangster-Tochter (1971)
(DVD; Warner)

Isaac Hayes hat den Oscar für die Filmmusik zu diesem Krimi nicht nur als erster Schwarzer sondern auch zu Recht bekommen. Auch wenn man manchmal das Gefühl hat diesen Film nur aus historischen Gründen anzuschauen, gibt es doch auch eine Story, die sich schnell zusammenfassen lässt: Schwarze gegen Italiener. Ein schwarzer Gangster-Boss steigt auf im New Yorker Drogen-Geschäft, woraufhin eingeflogene Mafiosi dessen Tochter entführen. Letztere soll nun Privatdetektiv John Shaft zurückbringen, ohne zunächst zu ahnen, worum es geht. Dies zu verstehen hilft ihm ein italienisch-stämmiger Polizist, aber selbstverständlich regeln die Schwarzen das alleine, unter Zuhilfenahme militanter Bürgerrechtler. Dazwischen finden sich quasi historische Aufnahmen des New York im Jahre 1970 und etliche, überwiegend amüsante Klischees bzw. Referenzen an das Genre des »Film Noir«. Bei Gelegenheit werde ich mir sicher auch die Fortsetzungen ansehen, auch ohne Musik von Isaac Hayes.
Mit auf der DVD ist ein ca. 10-minütiges Making-of mit Szenen in denen Gordon Parks mit Isaac Hayes über den Soundtrack spricht. "Theme From Shaft" schaffte es als Single auch auf #1 der Pop-Charts, was Stax zuvor nur mit Otis Reddings "(Sittin' On) The Dock Of The Bay" (1968) gelungen war. [mmh: @@@]


Various / Mel Stuart "Wattstax"

Konzert-Film und Sozial-Doku – Schwarzes Selbstbewusstsein manifestiert sich im Los-Angeles-Problemviertel Watts (1973)
(DVD; Stax Films/Warner)

Der 1973 nur mit amputiertem Schluss in die Kinos gekommene Film ist Konzert-Film, Dokumentation afroamerikanischer Befindlichkeiten, Präsentation der Stars des Labels Stax und auch ein bisschen Comedy mit »schwarzem« Humor. Bei so einer Mischung müssen die Interessen des Musikfans auf der Strecke bleiben, was ich vor allem daran festmachen kann, dass nur sehr wenige Künstler-Auftritte des Festivals vom August 1972 vollständig präsentiert werden. Einige Künstler tauchen nur im Soundtrack auf, von anderen wurden separate Aufnahmen gemacht. Bei einem reinen Konzertfilm dürfte dies nicht vorkommen.
Aber angesichts der damaligen Umstände, insbesondere mit der Absicht das Problemviertel Watts als Muster für »Black America« zu präsentieren, reichte es eben nicht, einfach nur einen Musikfilm zu produzieren. Nicht nur deshalb hinkt der Vergleich mit Woodstock (Festival und Film) – nicht zuletzt war es für Musiker und Publikum definitiv angenehmer bei Wattstax gewesen zu sein!
Zwischen den Ausschnitten des eigentlichen Konzertprogramms finden sich Statements der Stadtteil-Bewohner (in erster Linie zum schwarzen Selbstverständnis und teilweise in einer deutlichen Sprache, die dem Film in den USA das Rating R einbrachte) und Comedy-Monologe von Richard Pryor, die zum größten Teil auch heute noch verständlich (bzw. zutreffend) sind.
Einige Highlights des Musikprogramms: Die Begrüßung von Reverend Jesse Jackson, The Staple Singers "Respect Yourself" (eingeflogen aus Las Vegas), The Bar-Kays "Son Of Shaft" (stylisch bis zum Geht-nicht-mehr), Albert King "I'll Sing The Blues For You", Johnnie Taylor "Jody" (ein Club-Gig), Rufus Thomas "Breakdown" und "Funky Chicken" (55 Jahre alt und kein bisschen leise), Luther Ingram "(If Loving You Is Wrong) I Don't Want To Be Right" (separat gedreht mit Tendenz zum Schmalz). Den Schluss des Konzertprogramms auf dieser DVD bilden die zwei Titel von und mit Isaac Hayes (der am Tag des Festivals 30 Jahre alt wurde), die bei der Erstveröffentlichung nicht gezeigt werden durften (da MGM Nachteile für den Film "Shaft" befürchtete): "Theme From Shaft" und "Soulsville".
Wie so oft erschließt sich Einiges nur mit dem zusätzlichen Audio-Kommentar von Stax-Chronist Rob Bowman und Rapper Chuck D (Public Enemy), den ich zum zweiten Sehen empfehlen kann. [mmh: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Rob Bowman "Soulsville U.S.A.: The Story Of Stax Records"

Buch – Historie des Labels Stax aus Memphis, Tennessee (1997)
(Tb; Schirmer)

Der Kanadier Rob Bowman gilt als der profilierteste Kenner der Geschichte des Labels Stax und hat 1997 als Ergebnis von 12 Jahren Recherche die definitive Label-Historie veröffentlicht.
Leider habe ich es selbst noch nicht gelesen, will es aber hier gerne erwähnen, denn sonst wäre der kleine Überblick zu Stax nicht komplett. [mmh]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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