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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #177 vom 28.11.1999
Rubrik Feature

Achtung: Das letzte Weihnachten vor dem Wechsel

Da sind sie wieder, all die Sampler, Solo-Alben, Re-Releases usw. Zugegebenermaßen fällt selbst mir, als überzeugtem Weihnachtsfan, diese Gradwanderung zwischen Kitsch und Kommerz jedes Jahr schwerer. Dieses Jahr dachte ich lange "Jetzt is' rum! Da kommt nix mehr! Weihnachten muß musikalisch dieses Jahr ausfallen!". Aber noch ist keinem der Himmel auf den Kopf gefallen, und sie kamen doch, die heiligen drei "R": Ray, Red und Ringo! Mindestens drei wirklich tolle News sind's noch geworden, und deshalb gebe ich die Hoffnung auch zukünftig nicht auf. Sollte das ein oder andere Weihnachts-Highlight den Redaktionsschluß verpasst haben, liefern wir es halt noch nach. Und bis dahin, leicht verfrüht: Merry X-Mas! [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Kenny G "Faith – A Holiday Album"

Weihnachtsgedudel
(CD; Arista)

Irgendwann macht jeder (amerikanische) Musiker sein Weihnachtsalbum. Und da es sich die Herausragenden anscheinend überlegt haben, mit ihrem Œuvre bis zum Weihnachtsjubiläumsjahr 2000 zu warten, ist Kenny G in die Bresche gesprungen und dudelt sich durch "Sleigh Ride" und Genossen. Die beste Beschreibung von Kennys Musik gab's in "Wayne's World", Musik für Zahnarztpraxen: Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt weil der Doktor das Bohren anfängt. Kenny hat mit meinem Weihnachten nichts zu tun. [pb]


Jewel "Joy: A Holiday Collection"

Songwriter's Holiday
(CD; Atlantic)

1999 war ihr Jahr, und deshalb wird in alter Tradition am Ende des Jahres noch schnell ein "Holiday-Album" gestrickt. Zusammen mit Arif Mardin! Das sagt eigentlich schon alles, der Mann schreckt ja nicht mal vor Synthie-Arpeggios für "Ave Maria" zurück. Holy Ghost. Ãœberhaupt versucht er (oder gar sie) Jewel Kilcher als Sängerin – im Sinne von Musician und nicht im Sinne von Singer/Songwriter – zu präsentieren ("O Holy Night", "Ave Maria", "Gloria"). Gut ist Jewels "Holiday Collection" nur dann, wenn sie sein darf, was sie eigentlich ist: ein amerikanisches Mädel! Und die haben eben manchmal auch Spaß an Weihnachten und nicht nur Anmut. Ein charmantes "Winter Wonderland" und ein fast a cappella vorgetragenes "Rudolph The Red-Nosed Reindeer" retten dieses Album vor dem totalen Ausfall. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Placido Domingo & Patricia Kaas & Alejandro Fernandez "Christmas In Vienna 6"

Populistische Klassikplätzchen
(CD; Sony)

Jedes Jahr läd Placido Domingo für sein Projekt "Christmas In Vienna" Gäste nach Wien, um mit ihnen zu singen. Diesmal waren es Patricia Kaas und Alejandro Fernandez. Auf der CD ist ein Sticker mit dem Hinweis: "Die Neue! Mit Backrezepten von Domingo und Kaas". Von Musik steht da nichts. Das ist auch besser so! [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Paddy Moloney & The Vatican Orchestra "Silent Night – A Christmas In Rome"

Folky-klassische Weihnachten
(CD; Wicklow)

Zusammen mit Gästen wie Sissel, Montserrat Caballe, Zucchero, Marie Brennan, dem Harlem Gospel Choir und den Bulgarian Voices hat Chieftains-Kopf Paddy Moloney ein sehr ruhiges, folky-klassisches Weihnachtsalbum aufgenommen. Das Vatican Orchestra mit Chor spielt brav, unauffällig. Vielleicht sollte man es heilig nennen? Moloney und seine Mitstreiter singen sich dazu, in ihrer jeweiligen Couleur, durch klassisches Weihnachtsliedgut ("Gloria", "Oh Holy Night", "On That Night In Bethlehem"). Das ist die CD für die Leute, die aus Verzweifelung "Christmas In Vienna" kaufen. Weniger aufgesetzt, weniger plakativ, irgendwie ohne Werbeblock. Wer's klassisch festlich mag, wird hier gut bedient. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Garth Brooks "The Magic Of Christmas"

Saubermanns Festtage
(CD; EMI)

Der Vorzeige-Cowboy gibt sich auf seinem X-Mas-Album erstaunlich anders. Ganz Gentleman und Entertainment swingt und smooth-t er sich mit großer Bläser- bzw. Streicherunterstützung durch 14 All American Holiday Hits. Das macht überraschend viel Spaß, wird in den USA ein paar Millionen umsetzen und Garth ist dem Bild des Traumschwiegersohns noch einen Schritt näher gekommen. [pb]


Natalie Cole/London Symphony Orchestra "The Magic Of Christmas"

Generationsübergreifende Weihnachten
(CD; Elektra)

Wie der Vater so die Tochter. "The Christmas Song", durch den Vater und im Duett besonders berühmt geworden, ist natürlich auch auf Natalies Weihnachtsplatte die Eröffnungsnummer. Und so geht es dann auch fröhlich weiter. Zehn mehr oder weniger bekannte Standards, vom London Symphony Orchestra meist dick unterlegt, manchmal swingig unterstützt. Von der funkigen Natalie Cole bekommen wir hier wenig zu hören, von der großen Sängerin schon viel mehr. Und den Deutschvergleich mit dem Vater in "O Tannenbaum" gewinnt sie auch noch. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Ray Brown Trio & Guests "Christmas Songs"

Real Good Jazz-mas
(CD; Telarc)

Jedes Jahr erscheint ein Christmas-Album auf dem relativ glatten, amerikanischen Jazz-Label Telarc. Das ist so etwas wie Tradition. Und Tradition war es bislang auch, diese Alben von Musikern einspielen zu lassen, die auf keinen Fall irgendjemand vor den Kopf stoßen. Ray Brown – man höre und staune – bricht mit dieser Tradition. Natürlich nicht über die ganze Albumstrecke, aber doch immerhin hie und da. Schrägere Töne hört man da, Improvisationen und Grooves die über ein pures ding-ding-deding-ding-deding... weit hinaus gehen. Sehr schön. Für Abwechslung sorgen natürlich auch die Gäste, mit denen Ray sein Trio jeweils erweitert: Dee Dee Bridgewater (die uns hier mal wieder die Ella macht) ist dabei, Diana Krall und Nancy King, Russell Malone, Kevin Mahogany, Ralph Moore, und zu guter letzt Marlena Shaw, Vanessa Rubin und Gregory Hutchinson, der mit seinem "Christmas Rap" Lust auf mehr macht. Mal sehen, was nächstes Jahr kommt. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Otto Lechner/Klaus Trabitsch "Weihnachtslieder"

Volkloristische Avantgarde-Weihnacht
(CD; Geco)

Berghütte trifft Jazzclub trifft Akkordeon trifft Oud trifft Dobro trifft Klarinette trifft Glasharmonika trifft Perkussion trifft Östereich trifft Naher Osten trifft Zigeuner-Jazz trifft Weihnachtsliedgut. Klingt schwierig? Ist es auch! Aber interessant und mal was anderes. Hubert von Goisern für Intellektuelle? Rabih Abou Khalil für Bajuwaren? Ich weiß es nicht! Otto Lechner, Klaus Trabitsch und all ihre Freunde liefern eine unglaublich Stilvielfalt, die von süßlich bis unerträglich reicht. Oft erkennt man die dann doch bekannten Titel ("Süßer die Glocken nie klingen", "Jingle Bells", "Leise rieselt der Schnee") fast nicht, aber gleich aufgeben will man auch nicht. Ich wiederhole mich: Auf alle Fälle interessant trifft abartig trifft banal trifft schön trifft schräg trifft... [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Weihnachts-Sampler

Der häufige Schrecken jeder neuen Weihnachtszeit. Viele Sampler, nur sehr wenige mit einem anderen roten Faden als X-Mas und $$$. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.


Various "A Very Special Christmas Live From Washington, D.C."

Gala-Weihnacht der neuen High Society
(CD; A&M)

Kann man eigentlich nie im richtigen Moment ein Ende finden? Teil 1 und 2 dieser "A Very Special Christmas"-Reihe waren wirklich schöne, mit guten Neueinspielungen kompilierte Sampler, deren Erlös den Special Olympics und damit auch noch einem guten Zweck zu Gute kam. Teil 3 stank schon ab und jetzt das: Ein Live-Album! Ein Mitschnitt einer Sehen-und-gesehen-werden-Gala! Mary J. Blige und Sheryl Crow eröffnen noch ganz o.k. mit "Rockin' Around The Christmas Tree". Aber was danach kommt: Run DMC zerstören ihr cooles "Christmas In Hollis" mit zu vielen "Everybody in the house...", Vanessa Williams versucht mit "What Child Is This?" zu swingen, Eric Clapton glänzt durch gänzlich uninspiriertes Gitarrenspiel und jammert mit Tracy Chapman um die Wette und zum Schluß singen alle zusammen noch die fadeste Version von "Santa Claus Is Coming To Town" seit langem. Überhaupt wirken alle Beteiligten ein wenig gelangweilt, schielen scheinbar von der Bühne aus schon auf's Büffet. Positivstes Highlight des Albums ist Jon Bon Jovi mit "Please Come Home For Christmas" und das sagt ja dann schon alles. Keine Geschenke für diese Herrschaften. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Various "Rock Christmas 8"

Format-Weihnacht 1
(CD; Polymedia)

Hier ist das Konzept so alt wie stimmig wie leider dann auch langweilig: Ein paar Neueinspielungen von angesagten Teenie-Acts (Loona, 98*, Rapsody feat: Angelique Kidjo & David Whitley) plus ein paar Aufnahmen aus der – meist kürzeren – Vergangenheit (Hanson, Babyface, Michael Bolton, Band Aid). Dazu noch zwei Oldies (Simon & Garfunkel, Stevie Wonder). Nichts davon würde das Format eines auch noch so engstirnigen Formatradios sprengen. Wer sich nicht darauf verlassen will, dass der Verkehrsfunk Weihnachtslieder spielt, ist hier richtig. [pb]


Various "Fetenkult Presents Christmas Classics"

Format-Weihnacht 2
(CD; BMG)

Ähnlich ist es auch bei "Fetenkult Presents Christmas Classics", nur ist das Spektrum erfreulich größer. Von Mahalia Jackson und den Platters reicht es über The Tractors, Benny Goodman und Michael Jackson bis Queen, Lou Bega und neueste Charts-Miezen wie Christina Aguilera. Diese Doppel-CD könnte die letzte elterliche Waffe sein, ihre Teenies dieses Jahr noch einmal von der Party in der City fernzuhalten, ohne dabei Schrecklichstes ertragen zu müssen. [pb]


Various "Bravo Rock Christmas"

Format-Weihnacht 3
(CD; Warner)

Die Kopplung der WEA heißt "Bravo Rock Christmas" und setzt auf "Klassiker": Emerson, Lake & Palmer, Mike Oldfield, aber auch Bing Crosby, Gary Glitter und Band Aid. Und für das junge Publikum: Wham!, Backstreet Boys und Jason Donovan. 16 lieblos zusammengestellte, olle Kamellen. Unnötig! [pb]


Various "A Merry Jazzmas"

Jazz-Weihnacht
(CD; RCA Victor)

Eigentlich schon älter, aber dieser weihnachtliche Jazzsampler wird dieses Jahr noch mal so richtig gepusht (wahrscheinlich in Ermangelung einer echten, jazzigen Neuerscheinung). Sehr swingend, manchmal cool, aber immer charmant spielen sich hier Marcus Roberts, Roy Hargrove, Hilton Ruiz, Vanessa Rubin, Antonio Hart, Christopher Hollyday, John Hicks, Carmen McRae, Steve Lacy und Steve Coleman durch das komplette Programm der amerikanischen X-Mas Traditionals. "A Merry Jazzmas" ist genau das Richtige für ein spätes Plätzchenfrühstück am 25. Dezember mit anschließendem Cocktail. [pb]


Various "Testify! – The Gospel Box"

Real Black Gospel-mas
(3CD; Rhino)

Wer zu Weihnachten Lust auf Gospels verspürt, der ist – mal wieder – bei Rhino an der richtigen Adresse. Gut recherchiert, schön aufgemacht und klanglich natürlich über jeden Zweifel erhaben ist "Testify": Gospels soweit das Ohr reicht, über drei CDs verteilt. Vom Golden Gate Quartet, den Dixie Hummingbirds und den Original Five Blind Boys über die Edwin Hawkins Singers und Aretha Franklin bis hin zur neuen Gospelschule mit Take 6, Sounds Of Blackness und Boyz II Men. Mit dieser CD-Box kann man in das Thema so richtig schön eintauchen. Und Zeit hat man ja vielleicht über die Weihnachtsfeiertage ausnahmsweise auch mal. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Entertainer alter Schule

Gleich dreimal hat Capitol in seinen Archiven gekramt und zur Weihnachtszeit drei ganz große Entertainer wiederentdeckt, die im Laufe ihrer Karrieren etliche X-Mas-Songs gesungen haben. Alles 24-Bit digital remastered und damit klanglich auf dem heutigen Stand. Natürlich mit vielen Überschneidungen, aber dafür auch mit unzähligen Klassikern.


Nat King Cole "The Christmas Song"

Entertaining X-Mas 1
(CD; Capitol)

Gleich zweimal mit "The Christmas Song": Einmal in der 1961er Version und dann natürlich das Duett mit seiner Tochter Natalie, das 1998 durch neue technische Mittel möglich wurde. Besonders nett ist auch die "O Tannenbaum"-Version, da Nat King Cole deutsch singt, und manche Wörter dadurch einen ganz eigenen Charme entwickeln. [pb]


Frank Sinatra "A Jolly Christmas From Frank Sinatra"

Entertaining X-Mas 2
(CD; Capitol)

Weihnachten mit Frankie, das heißt Entertainment in Perfektion, X-Mas mit Whiskey, so "Have Yourself A Merry Christmas". [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Bing Crosby "Bing Crosby's Christmas Classics"

Entertaining X-Mas 3
(CD; Capitol)

Ein Klassiker nach dem nächsten, aber Vorsicht: Die Rechte für DAS Weihnachtslied liegen nicht bei Capitol, "White Christmas" gibt's immer noch auf dem gleichnamigen Album oder auf zahlreichen Samplern; ich empfehle immer noch "Christmas Bells" [pb]


Festliches aus dem Indie-Lager

Das hat man ja eher selten, daß in der sogenannten Indie-Szene Weihnachtsalben erscheinen. Dieses Jahr ist es Santa Claus' großes Glück, dass es so ist, sonst hätte man so sehr wenig schönes zu vermelden. Bei Redaktionsschluß noch nicht erschienen, aber auf alle Fälle eine Erwähnung wert ist "Christmas", das erste Weihnachtsalbum von Low.


Various "Santa Monika – 24 Winter- und Weihnachtslieder in Zimmerlautstärke"

Festlicher Lo-Fi Wohnzimmersound
(CD; Monika)

Auf "Santa Monika" sind 24 Aufnahmen von Bands, die sich der sogenannten Berliner Wohnzimmerszene zugehörig gefühlen (Barbara Morgenstern, Surf, Quarks, Gudrun Gut, uvam.). Musikalisch bewegt sich das alles irgendwo zwischen LoFi, Electronic Listening und Easy Lounging – natürlich auch LoFi, eben für's und auch im Wohnzimmer. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber in dem ganzen immerselben Weihnachtsbrei allemal erfrischend. [pb]


Missouri "At The End Of The Year"

This Time It's Serious
(CD; iXiXeS)

Dieses kleine Stück weißes Vinyl mit dem schnuckligen Weihnachtsmann in der Mitte ist es, was mir u.a. den Glauben an Weihnachtssongs wiedergab. Mit zwei Songs, die Sold American gerne geschrieben hätten, und einem Remix geben Missouri ihren Einstand bei iXiXeS. An Langsamkeit kaum zu unterbieten singen sie: "Santa, I never spoke to you, I don't even believe in you but this time it's serious"! Direkt aus dem Herzen und direkt rein ins Herz. Gitarren, Rhodes und Banjo, das ist die Stammbesetzung. Missouri beschränken sich bzw. ihre Musik auf das Wesentliche, und das tut in einer (Musik-)Welt der Maßlosigkeit gut. Unschlagbar schnulzig, unschlagbar schön, unschlagbar weihnachtlich. [pb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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