#156 vom 04.07.1999
Rubrik Neu erschienen
XTC "Apple Venus, Vol. 1"
Die Meisterklasse orchestraler Pop-Musik
(CD, LP; Cooking Vinyl)
"I got so much to say but I'm afraid it'll come out wrong" sangen sie noch lapidar auf "Oranges & Lemons" und 1992 war dann endgültig Schluß – glaubten viele, als dem durch und durch britischen Longplay "Nonsuch" nichts nachfolgte. In der letzten Gesangszeile aber war die Rede von einem Phoenix und wir alle wissen, welche Fähigkeit einem Phoenix beschieden ist. 7 Jahre Krach mit der Plattenfirma, Loslösung aus einem aus künstlerischer Sicht nicht befriedigendem Vertrag, Warten. Ein Wasserhahn tropft. Langsam. Stetig. Das Becken füllt sich bis es ein Fluß voller Ideen und Farbenreichtum ist.
Eine neue Ära für XTC (mittlerweile zum Duo geschrumpft) kann beginnen. "Heeeeyyyy/ .../ River of orchids/ smelling like a paper rose...". Ein Höhepunkt folgt dem anderen und was XTC wie nichts aus dem Ärmel schütteln, nämlich schön, simpel, neu und vertraut klingend, dafür benötigen Musikerkollegen ein ganzes, oft langes, Musikerleben. Paul McCartney, sollte er dieses Album hören, wird vermutlich wohlig an die gereiften "Beatles"-Jahre erinnert werden, "I'd Like That" z.B. klingt denn auch wie die Fab-Four vielleicht klingen würden, wenn... – aber lassen wir die Spekulationen. Die Arrangements der elf Songs sind im großorchestralen Breitwand-Pop verankert, mit semi-akustischen bis hin zu elektrischen Gitarren, Bass und (wenig) Schlagzeug (Prairie Prince!), zwei Tracks stammen von Colin Moulding, der Rest von Andy Partridge. Texte sind leider keine abgedruckt, so mancher ist zum Glück leicht zu verstehen, wichtig vor allem bei "Your Dictionary" ("...S-H-I-T - is that how you spell 'M-E' in your dictionary..."), in bester Dylan'scher "Love Is Just A 4-letter Word"/ "Positively 4th Street"-Manier.
Zum Abschluß des Albums ein Song in typischer XTC-Tradition – frei von jeder Konvention (wie z.B. "Train Running Low On Soul Coal" auf "The Big Express"), diesmal jedoch in sehr entspannter, ruhiger Atmosphäre mit langem Abgang – "The last balloon is leaving/ climb on board/ climb on board..." – um mit dem letzten "Sayyyyyyyyyyy" den Ton/die Stimme anhaltend die Trompete übergangslos den Schlußpunkt eines großartigen Albums setzen zu lassen. Magisch!
PS: Als minimalste XTC-Ausstattung sollten sich zumindest "Fossil Fuel - The XTC Singles 1977-92" und die The Dukes Of Stratosphear-Anthologie "Chips From The Chocolate Fireball" (Virgin), in jedem Plattenschrank befinden. [mh:Â @@@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#179: Manfred Horak: Best Of – Sch'Mann> [mh]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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