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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #408 vom 18.10.2004
Rubrik Kolumne

Peter's Honky Tonkin' #7

Über die Nachricht von einem neuen Album der Nitty Gritty Dirt Band habe ich mich bereits im Vorfeld sehr gefreut, wunderbar, wenn sie dann die Erwartungen noch übertrifft. Außerdem liefern ein paar unbekanntere Namen echte Überraschungen. Da ist es dann schon fast egal, dass ich mich von Willie Nelsons neuem Livealbum leider eher enttäuscht zeigen muss, aber er hat ja nun weiß Gott bereits genug Großartiges veröffentlicht. Viel Spaß beim Lesen. [pb]


Nitty Gritty Dirt Band "Welcome To Woody Creek"

Acoustic-Country-Rock – Das beste NGDB-Album seit 10 Jahren
(CD; Blue Rose)

Während die Eagles heute in Wirklichkeit nur noch die Höhe der zumutbaren Konzertticketpreise festsetzen, kann das andere Flaggschiff des West-Coast-Country-Rock im Jahr 2004 – zumindest zum Teil – noch mal den State of the Art in Sachen Acoustic-Roots-Rock festlegen. Wäre "Welcome To Woody Creek" eine LP und die erste Seite ginge bis zur ersten Coverversion, "Get Back" von den Beatles, sprächen wir hier ganz klar von einem höchstbewerteten Must-Have.
Die, durch die Rückkehr von Originalmitglied John McEuen wieder zum Quintett gewachsene Nitty Gritty Dirt Band beherrscht auch nach 37 Jahren noch alle Tricks und Kniffe. Quasi ohne Gäste und hörbar ohne Zeitdruck haben die Fünf im eigenen, vom Großstadtstress weit entfernten Studio in Woody Creek Highlights auf CD gebannt. Alles stimmt, das quirlige Klavier, die charismatische Mundharmonika von Jimmie Fadden, natürlich die geschmeidige Gitarrenarbeit und die mehrstimmigen Gesänge.
Leider startet die mit der zweiten Coverversion (Gram Parsons' in letzter Zeit oft bemühtes "She") beginnende zweite Seite mit drei eher schwächeren Nummern, so dass der phänomenale Eindruck des Anfangs nicht über die ganze Albumlänge gehalten werden kann. Die Nitty Gritty Dirt Band beendet "Welcome To Woody Creek" versöhnlich mit "Old Time's Sake" und "Midnight At Woody Creek"; und liefert, abgesehen von den "Will The Circle Be Unbroken"-Sessions und weniger Einschränkungen, ihr bestes Album seit "Acoustic"(1994). [pb: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Amy Farris "Anyway"

Country – Von allem etwas und trotzdem ein geschlossenes Album
(CD; Yep Roc)

"Anyway" ist vielleicht die abwechslungsreichste Aufnahme, die ich dieses Jahr im Roots-Bereich gehört habe. Es scheint, als habe sich Amy Farris für ihr Debüt-Album von jedem ihrer bisherigen Arbeitgeber ein persönliches Highlight mitgenommen. Und ihre Referenzen sind erstklassig: Als Geigerin, Bratschistin und Backgroundsängerin stand sie in Lohn und Brot bei Alejandro Escovedo, Kelly Willis, Brian Wilson und Bruce Robison, um nur einige zu nennen.
Der sehr runden Produktion von Dave Alvin ist es zu verdanken, dass vor lauter Abwechslung aus "Anyway" nicht ein großes Durcheinander, sondern ein herzerfrischender, bunter Strauß aus Country, Americana, Texas-Swing, Honky Tonk und sogar Pop und Jazz geworden ist. Dabei bildet die sehr eigene und immer treffende Stimme der Dame aus Austin den roten Faden des Albums, das mit eigenen Songs (Co-Autor wiederum Dave Alvin) und einigen interessanten Coverversionen (Bruce Robison, X) eines der diesjährigen Highlights aus Austin ist. [pb: @@@@]


Alecia Nugent "Alecia Nugent"

Poppiger Bluegrass – Noch keine von den großen, aber ihre Zeit könnte kommen
(CD; Rounder)

Und noch ein Debüt, wieder von einer Dame. Die aus Louisiana stammende Alecia Nugent hat Bluegrass quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Bereits als junge Teenagerin sang sie bei der Southland Bluegrass Band ihres Vaters. Nun erscheint ihr Erstling und alles sieht nach einem reinen Bluegrass-Projekt aus, doch der Schein trügt. Nicht nur die Stimme von Nugent erinnert an Alison Krauss, auch die Art und Weise wie sie Tradition und Moderne mixt, trägt immer wieder deren Handschrift. Man spürt die Mountain Music immer, aber längst sind Pop, Mainstream-Country und hier mit "But I Do" sogar Soul mit eingeflossen. Alecia Nugent ist nie so magisch wie beispielsweise Alison Krauss' Solo-Album "Forget About It", trotzdem wird der vorliegende Erstling sowohl Traditionalisten ohne Scheuklappen als auch modernen Country-Fans viel Spaß machen. [pb: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Willie Nelson & Friends "Outlaws And Angels"

All Star Country – Willie Nelson wie Buffalo Bills Wild West Show
(CD; Universal)

Im Sommer 2004 lief das nun auf CD erhältliche Willie Nelson Special im US-amerikanischen Kabelfernsehen. Es ist nach "Stars & Guitars" und "Live & Kickin'" Nelsons drittes Album mit Bühnen-Kollaborationen und die hier teilnehmenden Gäste sind wirklich mehr als beeindruckend: Keith Richards, Lucinda Williams, Merle Haggard, Carole King, Al Green, The Holmes Brothers, Toby Keith, Kid Rock, Shelby Lynne, Jerry Lee Lewis, Los Lonely Boys, Toots Hibbert, Joe Walsh, Ben Harper, Rickie Lee Jones und Lee Ann Womack. Besonders das Duett mit Lucinda Williams ("Overtime") ist wirklich wunderschön, das Aufeinandertreffen von zwei Songbesessenen.
Damit sind die Argumente für dieses Album allerdings schon erschöpft. Die House Band, besetzt mit der Creme de la Creme (Nils Lofgren, Hutch Hutchinson, Ivan Neville, Greg Leisz u.a.) spielt unglaublich uninspiriert, allen voran Jim Keltner, normalerweise ein Garant für galante Grooves, wirkt völlig neben sich. Der Sprecher, der die Gäste ankündigt, tut dies, ohne den Hauch von Sensibilität, vor, nach oder auch gerne mal mitten im Song. Und um die Sache abzurunden: Nicht einmal das Line-Up ist komplett, denn der an diesem Abend auch auf der Bühne weilende Bob Dylan findet auf der CD einfach nicht statt. Man munkelt allerdings, dass dessen Auftritt die Zweitverwertung auf DVD anschieben soll.
So bleibt "Outlaws And Angels" eine Veröffentlichung für echte Hardcore-Fans, alle anderen sollten auf eines der vielen großen Alben des 'Red Headed Stranger' zurückgreifen. [pb: @@]


Sam Bush "King Of My World"

Bluegrass – Höchstes Niveau, aber nichts wirklich Neues
(CD; Sugar Hill)

Jeder unserer Leser mit auch nur ein bisschen Country-Affinität, hat wenigstens ein Album mit Sam Bush im Line-Up zu Hause im Schrank. Er ist die unangefochtene erste Wahl, wenn man einen innovativen Mandolinen-Spieler ohne Scheuklappen sucht. Entsprechend voll ist sein Terminkalender und so sind seine Soloveröffentlichungen nicht gerade regelmäßig und häufig. "King Of My World" ist sein fünftes Studioalbum unter eigenem Namen, obwohl er sich seit über dreißig Jahren auf den Country- und Bluegrass-Bühnen dieser Welt tummelt. Allerdings ist das auch nicht so überaus tragisch, da Bush auf Fremdproduktionen zwar immer äußerst positiv auffällt, auf seinen eigenen Platten aber nicht mehr als die – zugegeben hochgesteckten – Erwartungen befriedigt. Auch "King Of My World" begeistert mit unglaublichem Picking und instrumentalem Können auf allerhöchstem Niveau; selbstverständlich nicht nur von Sam Bush selbst, sondern auch von seinen erlesenen Mitstreitern wie Jon Randall Stewart, Byron House und Chris Brown. Wirklich Neues sollte man von dieser Platte allerdings nicht erwarten. Wer einfach Freude daran hat, Menschen zuzuhören, die beim Musizieren hörbar viel Spaß haben, der liegt hier richtig. [pb: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Lori McKenna "Bittertown"

Singer/Songwriterin – Country-folkige Songs mit toller Stimme
(CD; Continental)

Die aus Boston stammende Lori McKenna reiht sich mit ihrem vierten Album endgültig in die Riege der interessanten Singer/Songwriterinnen des Alt.Country ein. Vergleiche mit Lucinda Williams, Julie Miller oder sogar Gillian Welch liegen nicht nur auf der Hand, sondern haben auch durchaus ihre Berechtigung. Stimmlich erinnert mich McKenna an die frühe Rickie Lee Jones; ihre Art die Songs mehr zu erzählen als sich auf Melodien festnageln zu lassen, hat einen ungeheuren Charme. Songs übrigens, die sich nirgends verstecken müssen. "One Man", "Lone Star" und natürlich das Duett mit Buddy Miller "Bible Song" sind echte Highlights. Begleitet wird McKenna von einer handvoll Session-Musiker, die ihre Lieder unglaublich entspannt und über weite Strecken relativ folkig umsetzen, wobei es auffallend ist, wie gut es tut, endlich mal wieder ein Klavier bzw. eine Hammond-Orgel neben all den Saiten zu hören. "Bittertown" ist eine ungemein süße Versuchung, auf die ich nur noch sehr ungern verzichten möchte. [pb: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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