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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #714 vom 11.07.2011
Rubrik Kolumne

Sal's Prog Corner #94

Quelle: Eigenes Bild

Nanu?! Da habe ich so lange mit der neuen Nummer der Prog Corner gewartet, dass ich auf einmal Material für zwei Ausgaben habe. Dumm gelaufen. Aber da hilft nix: Der Stapel muss sinnvoll abgearbeitet werden, darum gibt es heute eine kleine Ausgabe mit drei Wiederveröffentlichungen aus glorreichen und weniger glorreichen alten Zeiten und in der nächsten Ausgabe dann eine Zusammenfassung der besten Neuerscheinungen der letzten Wochen. Heute ist erst einmal Dino-Tag, in diesem Sinne: Keep on proggin... [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Anderson Bruford Wakeman Howe "Anderson Bruford Wakeman Howe"

Quelle: http://gonzomultimedia.co.uk/

Progressive Rock – Long lost brothers of mine (1989)
(2CD; Gonzo Multimedia)

Ende der 1980er Jahre brach das fragile Band-Konstrukt namens Yes einmal mehr auseinander. Der Sänger Jon Anderson verließ frustriert die Band und kontaktierte seine alten Bandkollegen Bill Bruford (dr, Yes-Mitglied 1968-1972), Steve Howe (g, 1970-1981) und Rick Wakeman (keys, 1971-1980). Ihm schwebte eine modernisierte Fassung des klassischen Yes-Sounds der 1970er (à la "Fragile", 1971; "Close To The Edge", 1972) vor. Aus rechtlichen Gründen durfte man sich nicht Yes nennen, also veröffentlichte man das Album schlicht unter dem Namen Anderson Bruford Wakeman Howe (kurz ABWH) und holte mit Tony Levin einen versierten Bassisten als Gastmusiker an Bord. Das Album verkaufte sich recht ordentlich und eine anschließende Welttournee ("An Evening of Yes Music Plus...") verlief ebenfalls überraschend gut. ABWH vereinigte sich dennoch bald mit der sogenannten Yes-West-Besetzung für das Album "Union" (1991) samt anschließender Tournee, um bald wieder auseinanderzubrechen.
Neben dem regulären Album produzierte man noch einige Singles, Vinyl-Edits usw., die jahrelang nicht mehr erhältlich waren. Die jetzt bei Gonzo Multimedia wiederveröffentlichte Ausgabe des 1989er Albums enthält auf einer Bonus-CD erstmals quasi alle Raritäten der ABWH-Ära, außerdem drei Live-Tracks. Was mir damals wie die zweite Epiphanie des Progressive Rock vorkam, klingt heute für meine Ohren stark nach all jenen schlechten Angewohnheiten, die sich in den 1980er Jahren in der Musik breit gemacht hatten, vor allem Brufords elektronische Drums und die aufdringlichen Keyboard-Teppiche Wakemans mit ihren stellenweise grässlichen Klängen stören sehr. Das teilweise recht ordentliche Songmaterial leidet stark unter dieser Produktion, dennoch ist das Album qualitativ deutlich besser geraten, als vieles, was später unter dem Etikett Yes veröffentlicht wurde.
Aber an die großen Zeiten der 1970er kamen Yes (oder eben ABWH) auch nicht mehr heran. Wegen der gelungenen Gestaltung des typischen Roger-Dean-Covers als Digipak und der Bonus-CD mit Raritäten ist diese Wiederveröffentlichung dennoch eine lohnenswerte Ergänzung für die Yes-Diskografie des Fans.
Die Doppel-CD gibt es exklusiv beim Label recht günstig, einige Versender importieren die Neuausgabe dennoch. [sal: @@@]


Emerson, Lake & Palmer "Original Album Classics"

Progressive Rock – Aufstieg und Fall, live (1970, 1993, 1997)
(3CD; Sony)

Emerson, Lake & Palmer gehör(t)en gewiss zu den umstrittenen Bands der Progressive-Rock-Szene: Ihre Mischung aus Klassik-Adaptionen, Honky-Tonk-Einschüben, schnulzigen Balladen und bombastischem, Keyboard-dominiertem Rock war nicht jedermanns Sache und wirkt heute auf uns wie einer der größten Anachronismen des klassischen Progressive Rock. Unbestritten spektakulär waren allerdings die frühen Live-Auftritte der Band, bei denen dann schon mal ein Keyboard zerlegt wurde (Instrumente zerlegen gehörte damals irgendwie zum guten Ton) und bei denen die klinische Genauigkeit der Musik durch die Live-Atmosphäre spürbar entkrampft wurde.
Die nun in der Reihe "Original Album Classics" zusammengefassten und wiederveröffentlichten Live-Alben "Live At The Isle Of Wight Festival 1970" (1997), "Live At The Royal Albert Hall" (1993) und "Live In Poland" (1997) dokumentieren recht gut, wie wild und ungezähmt ELP in ihrer Frühphase waren (und wie verstört das Publikum reagierte) und wie zunehmend abgebrüht und alt sie bei diversen Comebacks in den 1990ern klangen. Vor allem Greg Lakes Stimme war bei der Altherren-Variante nicht einmal ein Schatten ihrer selbst, Emerson und Palmer spielen immerhin routiniert.
Fazit: Für wenig Geld sind diese drei im Schnitt ganz ordentlichen Live-Alben von ELP sicherlich interessanter als viele andere obskure Live-CDs und -DVDs, die in letzter Zeit von der Band (oder sonst wem...) auf den Markt geworfen wurden. Richtig selig macht allerdings nur der frühe Mitschnitt von 1970, die anderen beiden können nur stellenweise und nur instrumental überzeugen.
Nota bene: Die Bewertung der Box ist der Durchschnitt aus "Live At The Isle Of Wight Festival 1970" @@@@½, "Live At The Royal Albert Hall" @@½, "Live In Poland" @@. [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Univers Zéro "Heresie"

RIO – Rock in Opposition (1979)
(CD; Cuneiform)

So langsam scheint der alte Univers-Zéro-Back-Catalogue bei Cuneiform Records komplett wiederveröffentlicht zu werden, mehr oder weniger technisch aufgemotzt und remixed. Nach dem Univers-Zéro-Debüt (1977/2008) folgte vor einigen Monaten ihr zweites Album "Heresie" (1979/2010) mit einem unüberhörbar aufgefrischtem Klangbild. Das blieb nicht ganz ohne Widerspruch: Die Band mag den neuen, eigentlich intendierten Sound, der erst jetzt adäquat umgesetzt worden ist, über alle Maßen goutieren (s. dazu auch die Ausführungen im Booklet), die Fans, die seit 30 Jahren einen anderen Klang des Albums gewöhnt waren, reagieren teilweise verstört und entsetzt (man beachte auch entsprechende Beiträge in den Foren und Kommentaren). Ich kann und möchte mich an diesen Diskussionen gar nicht erst beteiligen.
Bei allen Unterschieden, die zwischen den einzelnen Vinyl- und CD-Ausgaben des Albums bestehen mögen: Es ist nicht die Schreibmaschine und auch nicht der Schriftsatz, der die Größe eines Werkes bestimmen. Soll heißen: Natürlich wird der künstlerische contenu bei "Heresie" auch durch das aufgefrischte Klangbild nicht substanziell verändert. Es bleibt bei einem düsteren, schwelend aggressiven, kryptischen und – auch nach 30 Jahren – über alle Maßen avantgardistischen Album, der vielleicht besten Veröffentlichung der Belgier um den Drummer/Bandleader Daniel Denis und den Multi-Instrumentalisten Roger Trigaux, der bald nach diesem Album mit seiner Band Présent eigene Akzente in der RIO-Szene setzen sollte.
Der Zweitling "Heresie" von Univers Zéro ist (natürlich) auch in der aufpolierten, remixten Version ein Meilenstein des Progressive Rock, nothing less. [sal: @@@@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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