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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #708 vom 18.04.2011
Rubrik Live - Musik spüren

Bonaparte, 11.4.2011, Palais X-Tra, Zürich

Artisten, Tiere, Attraktionen – ein spaßiges Spektakel

Die Lieder von Bonaparte sind simpel und drehen überwiegend im oberen Bereich. Dazu liefert ihr Sprechsänger Tobias Jundt witzige Texte. Und als ob das nicht schon reichen würde, bringt die schräge Truppe eine Show auf die Bühne, die ihresgleichen sucht. Streng dem Trash verpflichtet, begleiten Bonaparte ihren punkigen Rock mit einer Mischung aus Zirkusverballhornung, Varieté, Burleske und Stummfilm. Bildungsbürger mögen eine dadaistische Lust am Nonsens ebenso erkennen oder – wie etwa bei der Figur des Lampenschirm-Mannes – Einflüsse von Oskar Schlemmers Mechanischem Ballett. Der Kanonenkugel-Mann wiederum könnte einem Jacques-Tati-Film entsprungen sein.
Das Spektakel ist mit vergleichsweise schlichten Stilmitteln opulent inszeniert – neben der eingängig-hämmernden Musik, die keinen Widerstand duldet, lebt die Show vor allem von skurrilen Kostümen und einer Menge Personal, das auf der Bühne herumspringt. Der mit Pferdemaske gibt nach "My Horse Likes You" den Dirigenten für ein kakophonisches Intermezzo, ein Akrobat bietet keine Kunststücke auf seinem Rad und der Gewichtheber ist ebenso beeindruckend wie seine überdimensionierte Papp-Hantel, deren Scheiben nicht zur Seite, sondern nach vorne ausgerichtet sind.
Der grobe Ablauf ist durch die Lieder vorgegeben. Choreographische Anweisungen scheint es über die Aufforderung hinaus, wild herumzuhüpfen, nicht zu geben. Der reine Effekt durch Kostüme und Masken trägt jedoch auf Dauer nicht – spätestens zur Pause beginnen zumindest diejenigen die Abwesenheit einer sichtbaren Choreographie zu vermissen, die der Band nicht mit Haut und Haar verfallen sind. Denn auch wenn bei unterschiedlichen Liedern eine wie auch immer gekleidete Dame aus einem Körbchen Kleinigkeiten vom Bühnenrand aus ins Publikum wirft, eine gewisse Langeweile bleibt nicht aus. Und auf einer mitteleuropäischen Bühne nackte Brüste zu zeigen, hat als Provokation wohl selbst in katholischen Zirkeln ausgedient.
Ungemein origineller ist dagegen die Pause, in der eine Dame im leicht aufreizenden Zimmermädchen-Look die Bühne saugt – weil aus den Lautsprechern minutenlang das überlaute Staubsaugergeräusch dröhnt. Hier spielen Bonaparte mit Erwartungshaltungen und konterkarieren sie geschickt. Die Fortführung der Ready-mades in den Bereich der Unterhaltung wurde zu Recht heftig beklatscht.
Diese kurze, skurril inszenierte Pause kommt schon nach einer dreiviertel Stunde – und weitere 45 Minuten später stellt man fest, dass sie noch besser als Zäsur für ein tosendes Zugabenset getaugt hätte. Denn Bonaparte liefern ab der zweiten Hälfte des Konzerts nur noch Varianten des bereits Bekannten. Sie ignorieren auch die Gesetze der musikalischen Dramaturgie und weigern sich zurückzuschalten. Ein Konzert ohne Modulation ist so spannend wie eine Komposition ohne Dynamik. Wer die Drehzahl nicht reduziert, kreischt sich in die Monotonie des überdrehten Motors. Kraftvoller wirkt er, wenn man ihn zwischendurch aus dem gutturalen Gluckern im Stand aufheulen lässt. [noi]


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