#706 vom 28.03.2011
Rubrik Neu erschienen
Heidi Happy "Hiding With The Wolves"
Folk-Pop mit Orchester
(CD; Two Gentlemen)
Früher oder später landet fast jeder, der es sich leisten kann, bei Streichern. Für Jazzer ist die aufwändige Produktion mit Orchester oft der Ritterschlag, und Popmusiker fühlen sich erhaben und näher an der sogenannten ernsten Musik.
Heidy Happy, der man nicht vorwerfen kann, Belangloses durch ehrwürdige Orchestrierung aufwerten zu müssen, ist schon mit dem dritten Album beim Orchester gelandet. Und sie hat es anders gemacht als die meisten Kollegen, gewagter. Sie hat die Orchesterarrangements zu ihren Liedern selbst geschrieben. Dabei ist sie – anders als Sting oder Paul McCartney, die reine Orchesterwerke geschrieben haben – ihrem Genre treu geblieben. Im flotten "Sarah" dominiert Country-Stimmung. Beim Instrumentalstück "Horse Ride At Winter's End", dessen Intro sich hervorragend als Untermalung für eine romantisch-traurige Filmsequenz eignet, drängt sich eine leicht twangy Gitarre durch die zukleisternden Streicher immer wieder auffällig nach vorne. Und Stücke wie "Out Of Spin" oder "Eventually" sind hübscher Folk.
Schon von den ersten Takten an nimmt Heidi Happys Gesang gefangen. Ihre Stimme wirkt trotz ihrer dreißig Jahre ein wenig jungmädchenhaft, sie ist klar und trotzdem warm und einfühlsam. Sie nutzt das Orchester als zusätzliche Klangfarbe – es verstärkt die Stimmung, aber es steht nicht in einem Spannungsverhältnis zur Band, bildet keinen Gegenpol und sticht nicht durch unkonventionelle Arrangements heraus. Diesen Ansatz akzeptiert man gerne, denn er steht den Liedern nicht schlecht. Umso besser, dass Heidi Happy für manche ihrer Songs – etwa "Stereo" und "Tempting" – wirklich bewegende Arrangements geschrieben hat.
Die trotz aller Konvention immer wieder sehr gelungenen Orchesterarrangements sind, ganz allgemein, eine erfreuliche Abwechslung in der Musiklandschaft. Die Musikerin geht ein Wagnis ein – und gewinnt. Sie reift musikalisch und erhält wohl noch mehr Aufmerksamkeit. Was "Hiding With The Wolves" aber wirklich hervorragend macht, sind die gefühlvollen Stücke und der Gesang. Das sind die Pfunde, mit denen Heidi Happy wirklich wuchern kann. Und das ist wohl auch entscheidend für den weiteren Erfolg: Denn ihre Tour muss die Sängerin mit einer kleinen Besetzung bestreiten, das Orchester ist dafür viel zu teuer. Doch das sollte ihr keine Sorgen bereiten – denn ihre Stücke werden auch dann noch bezaubernd sein, wenn sie mit einer kleinen Besetzung auf der Bühne steht. [noi: @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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