Hinweis: Ihr Browser unterstützt nicht alle grundlegenden Web-Standards, und deshalb sehen Sie diesen Hinweis und das Layout nur in Auszügen. Bitte verwenden Sie einen aktuelleren Browser.

Keine Anzeige
LogoSeit 1996: Aktuell und unabhängig!

[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #677 vom 07.06.2010
Rubrik Kolumne

Sal's Prog Corner #89

Ui! Dass mir das doch noch mal passieren könnte: Vier Besprechungen finden sich in der heutigen Prog-Corner, viermal geht es um Musik, die unter der großen Überschrift 'Mainstream im Progressive Rock' abgelegt werden kann. Dass die Alben sich dennoch nicht sonderlich ähnlich, liegt in der Natur des Begriffs: Der Mainstream ist eben ein großes Sammelbecken für mehrheitsfähigen Progressive Rock jeglicher Couleur.
Fürs nächste Mal gelobe ich Besserung und versuche eine usbekische Frauen-Avant-Prog-Jazz-Reggae-Metal-Western-Combo ausfindig zu machen oder ein südafrikanisches Vuvuzela-Quartett, das King-Crimson-Balladen nachspielt. Solange lasse ich euch mit dem 'Hauptstrom' zurück. Viel Spaß beim Lesen und wie immer: Keep on proggin... [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Marillion "The Official Bootleg Box Set Vol. 2"

Progressive Rock – Die ersten Hogarth-Jahre live 1990-1994
(8CD; EMI)

Als Marillion sich von ihrem ersten Sänger Fish trennten, war das Entsetzen in der Fangemeinde groß. Der charismatische Schotte hatte mit seinem Gesang und seiner Art das Image der Band geprägt. Wie sollte es ohne ihn weitergehen? Als man mit Steve Hogarth einen unbekannten und völlig anderen Typus Sänger engagierte, vergrößerte sich die Skepsis sogar. Die Band begann sich musikalisch vom früheren Sound zu emanzipieren und es wurde schnell klar, dass dieser Besetzungswechsel weitreichende Konsequenzen haben sollte. Man löste sich immer mehr vom rigiden Neoprog-Sound (und Image) der frühen Jahre und versuchte nun vielschichtigere Alben zu machen, in dem man Progressive Rock mit mainstreamigeren Pop- und Rock-Elementen mischte. Nicht alle Fans konnten diesen Wandel nachvollziehen. Und so sind die Marillion-Fans heute noch, 20 Jahre nachdem Hogarth Fish ersetzte, in zwei Lager gespalten und es gibt immer noch genügend Fans, die etwas verächtlich vom 'neuen Sänger' sprechen.
Die vorliegende "The Official Bootleg Box Set Vol. 2" dokumentiert die ersten Jahre der Band mit Steve Hogarth zwischen 1990 und 1994 (als sie noch bei EMI unter Vertrag standen); Vol. 1 "Early Stages" von 2008 behandelte die Fish-Jahre 1982-1987. Dabei ist der Name 'Bootleg Box' durchaus wörtlich zu nehmen: Sie beinhaltet vier Live-Mitschnitte (Leicester 1990, Cumbria Rock Festival 1991, London 1992, Warschau 1994) und eine EP mit BBC-Auftritten von 1992 und 1994, und nicht alle Live-Mitschnitte haben dasselbe klangliche und künstlerische Niveau, doch alleine schon wegen der jeweils zwei CDs aus London und Warschau lohnt sich die Anschaffung der Box, sofern man mit Marillion/Hogarth etwas anfangen kann (was ich unbedingt befürworten würde).
Höhepunkt der Box ist zweifelsohne der komplette Live-Mitschnitt ihres epischen Album-Meisterwerks "Brave" in Warschau. Stärker habe ich das Album live nie gehört. Eher kurios ist es, wenn Hogarth sich an ganz typischen Fish-Songs ("Kayleigh", "Incommunicado" oder "Market Square Heroes") versucht, andere ("Script For A Jester's Tear", "Warm Wet Circles/That Time Of The Night") gelingen ihm erstaunlich gut. Die Wertung ist als Durchschnittsnote zu verstehen, einzelne Teile der Box hätten durchaus mehr Punkte verdient. [sal: @@@]


Mars Hollow "Mars Hollow"

Retroprog/Progressive rock – Mainstream ohne Patina
(CD, MP3; 10T)

Es muss ja nicht immer die Weltrevolution sein! Was die Kalifornier von Mars Hollow auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum – ich mag diese altmodische Angewohnheit! – abliefern, ist wirklich hörenswert, obwohl es nie das Fahrwasser des nordamerikanischen Mainstream-Progs à la Rush (mit gelegentlichen Anleihen und Zitaten bei anderen Szenegrößen) verlässt. Das hat zum einen damit zu tun, dass dem Quartett prägnante Kompositionen gelungen sind, die hängen bleiben, zum anderen sind die vier Musiker erfahrene Recken der Los-Angeles-Progszene, die reichlich Erfahrung in ihr neues Projekt eingebracht haben und typische Anfängerfehler (wie zu lange, zu technisch-ambitionierte Patchwork-Nummern) vermieden haben. Das Ergebnis ist angenehm durchhörbarer, durchaus virtuos gespielter Retroprog von einer gut interagierenden Band. Dies ist erfrischend unverkrampfter Mainstream-Prog ohne Patina: Das Debüt "Mars Hollow" empfiehlt die Band als eine der interessantesten Newcomer des Jahres.
Übrigens: Auf ihrer Myspace-Seite kann man das komplette Album anhören. Die CD gibt es entweder teuer beim großen Versender mit dem schwarzen a oder deutlich günstiger beim spezialisierten Händler. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


David Rhodes "Bittersweet"

ArtPop/Mainstream – Das erste Soloalbum des langjährigen Peter-Gabriel-Gitarristen
(CD; Care)

Längst überfällig war das Soloalbum des langjährigen Peter-Gabriel-Gitarristen David Rhodes, der nach knapp 30 Jahren Bühnenerfahrung auf seinem Debüt "Bittersweet" eine gut hörbare Mischung aus mehr oder minder düsterem Art-Pop (also dem Kram, den sein Chef macht) und Singer/Songwriter-Rock präsentiert. Ungewöhnlich wirkt dabei erst einmal die Stimme Rhodes', vielleicht weil man einen croonernden Bariton wie vom Meister erwartet. Hat man sich aber erst einmal an seine ganz passable Gesangsstimme gewöhnt – dummerweise eröffnet das Album nicht gerade mit den besten Songs – findet man zunehmend Gefallen an dieser ruhigen, unauffälligen, aber insgesamt gelungenen Scheibe. Selbstverständlich glänzt Rhodes auf dem Album musikalisch vor allem durch sein markantes Gitarrenspiel; erfreulicherweise ist es aber kein selbstverliebtes Gitarristen-Soloalbum geworden, sondern vor allem das Album eines nicht untalentierten Songwriters.
Wem das letzte Album "Scratch My Back" von Peter Gabriel zu fade und zu ruhig ausgefallen ist und wer dessen "So" nicht zu kommerziell geraten findet, der sollte unbedingt einmal in "Bittersweet" reinhören.
Anspieltipps: "If It Could Only That Easy", "Monster Monster" und"Bittersweet". [sal: @@@]


RPWL "The Gentle Art Of Music"

Retroprog/Mainstream – Jubiläumsalbum der Freisinger Band
(2CD; Gentle Art of Music)

Zwischen meinem enthusiastischen Urteil »Hammerdebüt des Jahres« zu "God Has Failed" (2000) und »eine wahrhaft unspannende Hörerfahrung« zum letzten Album "The RPWL Experience" (2008) liegt die gesamte Bandbreite meine Meinung zur Diskografie RPWLs, die als 'deutsche Pink Floyd' anfingen und dann zum perfekt produzierten, etwas seelenlosem Hochglanz-Mainstream-Produkt in der deutschen Szene mutierten, damit aber im deutschsprachigen Raum, in den Niederlanden und in Polen durchaus erfolgreich wurden.
Die vorliegende Doppel-CD "The Gentle Art Of Music" fasst zehn Jahre Bandgeschichte zusammen: CD#1 enthält einen repräsentativen Querschnitt ihrer fünf Studioalben, CD#2 ("Revisited") beinhaltet elf weitere alte Songs, allerdings in neuem Gewand, teilweise mit Streicherarrangements, teilweise in indisch angehauchter Instrumentation, teilweise jazzig, teilweise akustisch. En gros ist das (wie immer bei RPWL) sehr sorgfältig gemacht und toll aufgenommen; aber ich fürchte, wer (wie ich) im Laufe der Jahre zunehmend Probleme mit den Songs der Band hatte, den werden auch die neuen Arrangements nicht so recht umstimmen können. Andererseits dürften die Fans entzückt sein: Mag die "Best-of"-CD#1 für sie auch überflüssig sein, "Revisited" bietet unverbrauchte Fassungen altbewährter Songs aus dem RPWL-Repertoire. [sal]


(cc) 1996-2016 Einige Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/.

http://schallplattenmann.de/artikel.html
Sprung zum Beginn der Seite