#663 vom 22.02.2010
Rubrik Neu erschienen
Emily Jane White "Victorian America"
Dunkle Singer/Songwriter-Moritaten
(CD, LP; Talitres)
Die verlorene Schwester von Cat Power, Nick Caves Tochter im Geiste – solche und ähnliche Vergleiche fallen oft, kommt die Sprache auf Emily Jane White. Aber so schmeichelnd und durchaus naheliegend das sein mag, nötig hat die Amerikanerin all diese Verweise auf berühmte Kollegen nicht. Viel zu eigenständig sind ihre gleichermaßen düsteren wie berückend schönen Folk-Weisen.
"Victorian America" heißt ihr Zweitwerk und klingt zwar viel schmuckvoller als das grandiose Debüt, bevorzugt aber gleichermaßen dunkle Töne. Dabei schafft es die Frau aus dem sonnigen Kalifornien trotz Streicher-Arrangements, weinender Pedal Steel und üppigen Klavier-Klängen stets weit jenseits von Pathos oder gar Kitsch zu bleiben. Eines dieser Alben, bei denen man sich wünscht, der Winter möge nie zu Ende und die Sonne nie aufgehen, nur um die perfekte Atmosphäre für Emilys melancholische Erzählungen zu kreieren. Darin spuken Pferde-Geister, Raben und viktorianische Damen. Herzen sind immer gebrochen, die Heimat ist immer verloren. Und die literarischen Vorbilder stammen zwar deutlich aus der Vergangenheit, sind aber nie weit weg. Frau Whites Stimme, zugleich hell und rauchig, warm und wunderbar unprätentiös, tut ein Übriges um die Lieder aus ihrer Feder unvergleichlich zu machen.
»I don't write happy music. I'm drawn to writing sad songs. I truly believe that's my job«, so sagt sie selbst. Und den macht sie verdammt gut. [ut: @@@@]
<#573: Nick Cave & The Bad Seeds "Dig, Lazarus, Dig!!!"> [dmm:Â @@@@]
<http://www.emilyjanewhite.com/>
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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