#639 vom 10.08.2009
Rubrik Frisch aus den Archiven
Luciano Berio / WDR Sinfonieorchester Köln · WDR Rundfunkchor Köln, Luciano Berio "Coro"
Klassik – Faszinierende moderne Chormusik (1980)
(CD; Brilliant)
Luciano Berio (1925-2003) war einer der wichtigsten Komponisten der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, nicht zuletzt wegen seiner Pionierleistungen in Sachen serieller und elektronischer Musik. Aber Berio ging es nie zwingend um Avantgarde: So bearbeitete er Musik von anderen Komponisten wie Monteverdi, Purcell, Brahms, Mahler, Weill, aber auch Beatles-Kompositionen, vollendete Werke von Schubert und Puccini und vertonte Texte von James Joyce, Edoardo Sanguineti und – im Fall der vorliegenden Aufnahme "Coro" – von Pablo Neruda.
Der politisch denkende Berio verarbeitete in "Coro" seine Eindrücke (besser gesagt: den Schock) über den blutigen Putsch in Chile 1973, der den Diktator Pinochet für lange Zeit inthronisieren sollte. Berio verdichtete Nerudas Text "Explico algunas cosas" ("Erklärung einiger Dinge"), genauer gesagt einen Satz aus diesem Text, »Venid a ver la sangre por las calles« (»Kommt und seht das Blut in den Straßen«), zu einem multikulturellen, universellen Statement gegen staatliche Unterdrückung, Gewalt und Willkür. "Coro" ist ein aufwühlendes, keinesfalls 'leichtes' Werk. Wer hier zuhört, kann nicht unberührt bleiben.
Die hier wieder aufgelegte Erstaufnahme des Werkes unter der Leitung des Komponisten war ursprünglich bei Deutsche Grammophon erschienen und ist, zumal sie nun zum Schnäppchenpreis zu haben ist, eine unverzichtbare Anschaffung für jeden, der sich ernsthaft mit Chormusik des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen möchte. [sal: @@@@]
<http://de.wikipedia.org/wiki/Luciano_Berio>
<http://de.wikipedia.org/wiki/Pablo_Neruda>
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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