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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #604 vom 27.10.2008
Rubrik Tipp der Woche

Lou Reed "Berlin - Live At St. Ann's Warehouse"

Rehabilitierter Art-Rock-Songzyklus live noch schärfer konturiert
(CD, LP; Matador)

Als Nachfolger des von David Bowie und Mick Ronson produzierten Erfolgsalbums "Transformer" (1972) floppte das ambitioniert als tragische Rockoper konzipierte, dritte Solo-Album "Berlin" aus dem Jahre 1973 gleichermaßen bei Fans und Kritikern. Erst mit Erscheinen einer remasterten Neuauflage (1998) kippte die breitere Meinung über das schockierend sperrige Werk, das sich zu ausklingenden Flower-Power-Zeiten mit den dunklen Schwestern der Liebe – Eifersucht, Zorn und Sprachlosigkeit – auseinandersetzte, endgültig zum Prädikat eines lange überhörten Meisterwerks. Nach ca. 30 Jahren verließ Lou Reed schließlich die Schmollecke und realisierte mit den Produzenten Bob Ezrin und Hal Willner – gelinde abgespeckter als ursprünglich geplant – die ob der damaligen negativen Resonanzen verworfene Live-Aufführung mit vielköpfigem Band-Orchester und Chorstimmen.
Und tatsächlich transportiert der Live-Mitschnitt vom Dezember 2006 aus St. Ann's Warehouse, Brooklyn, NYC, großes Theater zwischen Rock-Kunst und Rokoko-Kitsch mit Band (u.a. Fernando Saunders, Rob Wasserman), Gaststimmen von Retro-Soul-Diva Sharon Jones und Antony, Chor und Orchester auch über die heimische Stereoanlage. Als Gitarrist der ursprünglichen Album-Sessions verleiht Steve Hunter (u.a. Alice Cooper, Peter Gabriel) Reeds Zyklus über ein tragisches Junkie-Paar den breitwandigen Glam-Rock-Faktor bester Mick-Ronson-Schule (u.a. David Bowie, Bob Dylan, Ian Hunter).
Live wirkt das mitunter bombastische Material aktualisiert und deutlich schärfer konturiert, die Theatralik im Dienste des Erzählstrangs einer quasi vorweggenommenen 'Sid & Nancy-Story' leichter goutierbar. Die aus dem Opus auch für sich allein stehend herausragenden Songs bleiben Motiven entlehnt, die allerdings bereits mit The Velvet Underground entstanden waren – dazu passt "Sweet Jane" als Zugabe wie die Faust auf's Auge.
Eine DVD mit der filmischen Umsetzung der Konzert-Version von Lou Reeds "Berlin" durch Julian Schnabel ist ebenfalls erhältlich. [bs: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a117484


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