Ausgabe #602 vom 13.10.2008
Rubrik Texte - lesen oder hören
Werner Fritsch "Enigma Emmy Göring"
H̦rspiel РEine verhinderte Schauspielerin zwischen nicht verhinderten Politikern
(CD; Hörverlag)
»Emmy Göring ist eine richtig Süße, schließlich war ihr Vater Schokoladenfabrikant.« Was bereits in der flüssigbraunen Kindheit begann, setzt sich später fort. Auch der Führer ist schokoladenbraun. Und Emmys Hermann auch. Die ehemalige Schauspielerin (u.a. als Gretchen neben Gründgens) und übriggebliebene Gattin (nach dem Tausendjährigen Reich), die ihre Karriere der Repräsentation im Zentrum der Macht geopfert hat, monologisiert naiv und in spießigem Ton aus dem Nähkästchen verbrämter Pseudo-Tugendhaftigkeit. Eine verhinderte Schauspielerin zwischen nicht verhinderten Politikern, Kitsch und Terror.
"Enigma Emmy Göring" ist »der Versuch, zwei Phänomene des vergangenen Jahrhunderts, die Masseneuphorie und Massenhysterie hervorgerufen haben, auf spielerische Weise ineinander zu spiegeln.« Diese Polarität ist Grundlage der sowohl komischen wie auch abgründigen Funken von Werner Fritschs Inszenierung. Auf einem anderen Level erweist sich das Hörspiel aber auch als Satyrspiel über die sich zunehmend ausbreitende, immer unkritischere Nazi-Nostalgie der Medien bei der Jagd nach Einschaltquoten.
"Enigma Emmy Göring" überzeugt trotz Auszeichnungen (Hörspiel des Jahres 2006; ARD-Hörspielpreis 2007) allerdings weniger als Hörspiel, eher durch die virtuose darstellerische Leistung von Irm Hermann als Emmy Göring, Hermann Göring, Adolf Hitler und Gustaf Gründgens. [gw: @@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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