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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #550 vom 03.09.2007
Rubrik Texte - lesen oder hören

Peter Weiss / Hermann Naber "Die Ermittlung"

Hörspiel-Oratorium in elf Gesängen nach dem Vorbild Dantes
(3CD; Hörverlag)

"Die Ermittlung" des deutsch-schwedischen Autors Peter Weiss wurde 1965 sowohl an 15 Bühnen der Bundesrepublik als auch in der DDR gleichzeitig aufgeführt und zählt zu den wichtigsten Texten zur Aufarbeitung des Holocaust. Hermann Nabers Radiofassung wurde unter der Regie von Peter Schulze-Rohr zu einem Meilenstein der Hörspielgeschichte. Sie erwieß sich gegenüber allen Bühnenversionen als überlegen, da eindrucksvoll gezeigt wird, was das bloße Wort zu leisten vermag. »Imagination wird nicht gefordert, sie wird erzwungen.« Peter Weiss fordert etwas ein, das über reines Zuhören hinausgeht.
Nach Kriegsende sagen im Frankfurter Auschwitz-Prozess sowohl Opfer als auch Täter aus. Das Thema ist unbequem und viele hätten lieber über das Grauen weiter geschwiegen. Qualvoll kommen die stockenden Erinnerungen der Opfer, als sie gegen Ärzte und Aufseher aussagen. Peter Weiss ist als Beobachter anwesend und verarbeitet das Gehörte zu einem Oratorium, das er nach dem Vorbild von Dantes "Göttlicher Komödie" in 'Gesänge' einteilt, die den unterschiedlichen Stationen des Vernichtungslagers von der Rampe bis zu den Verbrennungsöfen entspricht.
Das als Gerichtsverhandlung angelegte Hörspiel ist nichts anderes als die verdichtete Darstellung der Tatsachen, die der Prozess in Frankfurt zutage förderte. »Den Prozessakten wird nichts hinzugefügt, man hört nicht die Sprache eines Dichters, sondern die der Täter und Opfer, deren Worte zu Bildern werden, die sich für immer in den Kopf einbrennen.« Aber nicht der Bekanntmachung der Ereignisse selbst gilt das Stück, sondern der bitteren Erkenntnis, die in den Prozessberichten nicht zur Sprache kam: Auf den Plätzen der 18 Angeklagten könnten ebensogut andere sitzen, die sich schuldig machten, indem sie untätig dem Massenmord zusahen.
Das Hörspiel "Die Ermittlung" wurde in den achtziger Jahren in der Reihe 'Cotta's Hörbühne' schon einmal als Cassetten-Edition veröffentlicht und liegt nun erstmals auch als äußerst empfehlenswerte 3CD-Ausgabe vor. Bei beiden handelt es sich nicht um die Langfassung der Radioerstausstrahlung, sondern um die nachträglich auf 178 Minuten gekürzte Fassung. Die zur gleichen Zeit vom Rundfunk der DDR produzierte Version bringt es auf 247 Minuten. [gw: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a115661


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