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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #506 vom 16.10.2006
Rubrik Live - Musik spüren

Jan Delay, 4.10.2006, E-Werk, Erlangen

"Tut mir leid, aber meine Band liegt komplett im Krankenhaus", behauptet der mit Schlips, weißem Hemd und Frank-Sinatra-Hut äußerst korrekt gekleidete Gentleman in seinem unverkennbar näselnden Hanseaten-Singsang, "da bleibt nur der Ghettoblaster!" Drückt auf Start und nölt zum funky Konservenbeat ein paar aufpeitschende Zeilen in den bis zum Platzen vollgepferchten Saal des Erlanger E-Werks, während die sieben Herren und drei Damen der programmatisch benannten Combo Disko Nr. 1 unter frenetischem Jubel die Bühne stürmen, den Groove aufnehmen und loslegen als gäbe es kein Morgen. Schon ein cooler Hund, dieser Jan Delay: ein Mann mit Stil, Charme und skurrilem Witz, ein kantiger, integrer Typ mit hohem Sympathiewert. Nach seinen Anfängen mit der HipHop-Crew Beginner und seinen anschließenden, wichtigen Beiträgen zur Etablierung des Deutsch-Reggae widmet er sich auf dem neuen Album "Mercedes Dance" dem Funk. Das macht Sinn, schließlich liegen dort die Wurzeln aller zeitgenössischen Reimkünstler und Beat-Schmiede.
Live ist diese Musik mit ihrer schwitzigen, körperlichen Energie sowieso unschlagbar, besonders, wenn sie so druckvoll und tight dargeboten wird wie von Disko Nr. 1. Man orientiert sich unüberhörbar an Genre-Klassikern von Funkadelic bis Prince, wobei Delay in seine clever durchdachten Tracks auch immer wieder geschickt Rock-Zitate einbaut – von "Satisfaction" bis "Eye Of The Tiger". Beim alten Reggae-Kracher "Vergiftet" oder dem schmusigen "B-Side" übernimmt der Saal die Hälfte des Gesangs, bei neuen Funk-Rockern wie "Plastik" schaukeln die Hände wie Gras im Wind. Verstehen kann man Jans Genöle als Textunkundiger natürlich nicht, macht aber nichts, klingt trotzdem dufte. Und so "schreiten wir voran mit unserem Liedvortrag über Jugendliche Tanzkultur", wie es der Meister trefflich formuliert, bis wir uns zur Zugabe, gebadet in Schweiß und freundlich fackelnden Feuerzeugschein, über eine ganz und gar unkitschige Version von Rio Reisers "Für immer und dich" freuen dürfen.
(Erstveröffentlichung in den Nürnberger Nachrichten) [pg]


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