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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #478 vom 27.03.2006
Rubrik Texte - lesen oder hören

Gudrun Pausewang "Die Wolke"

Buch – hinreißender Roman, jetzt verfilmt
(Ravensburger)

Im Büro fragte ich vor ein paar Tagen meinen 35-jährigen Marketing-Kollegen Jan, am Schreibtisch gegenüber, ob er denn "Die Wolke" kenne. "Klar, ist super, haben wir früher in der Schule gelesen." Dann wendete ich mich nach rechts. Wirtschaftswissenschaftlerin Julia, 25, nickte: "Wir auch, ist hart. Fand ich klasse."
Seit zwei Wochen läuft die Verfilmung des Jugendromans in unseren Kinos und bringt damit das große Thema auch meiner Jugendzeit wieder ganz nach vorn: Die atomare Bedrohung. Die Grünen wurden damit groß. Wackersdorf, Tschernobyl, Müsli, Bio, Alt-68er, Kalter Krieg, Erstschlag, BAP, staatlich geförderte Atombunker im Garten. Diese Begriffe sackten mir ins Hirn und hunderttausende meiner Synapsen einigten sich beim Schlüsselwort "Atomar" auf die Bedeutung "existenzielle Unsicherheit".
Gudrun Pausewang fasste unsere damaligen Ängste, politischen Diskussionen und Straßenschlachten (die ich nur am Fernseher erlebte) in ihrem 1987 erschienen Jugendroman "Die Wolke" zusammen. Das Buch erschien bei Ravensburger mit hässlich trüb-gelbem Cover und explosivem Inhalt, der nichts weniger als den Super-Gau am Beispiel des 15-jährigen Mädchens Janna-Berta Meinecke exerziert.
Überaus glaubwürdig, ähnlich wie H.G. Wells es in seinem "Krieg der Welten" gemacht hatte, lässt sie das Mädchen durch ein reales Setting flüchten: Exakt bestimmbare Feldwege, Bahngleise, Ortschaften, Dörfchen, Städte im beschaulichen Süddeutschland. Und mit dem letzten Satz "Da zog Janna-Berta die Mütze vom Kopf und begann zu sprechen" möchten wir ihre schreckliche neue Welt eigentlich noch nicht verlassen, sondern die Reaktion ihrer frisch von Mallorca heimgekehrten, alles verdrängenden Großeltern miterleben.
Pausewang seziert anhand verschiedener Figurenperspektiven die sich durch die Katastrophe verschiebenden Gesellschaftsklimata: Verdrängung und Unverständnis bis hin zu faschistoiden Tendenzen schleichen sich ein, so attestiert Pausewang. Diese Aspekte sollten Eltern mit ihren Kids diskutieren. Wie reagiert ein Staat in einer solchen Extremsituation? Funktioniert dann noch eine demokratische Ordnung? Wie groß ist die Bedrohung aktuell?
Gudrun Pausewang, die 1928 in Böhmen geboren wurde, erlebte als Flüchtling im 2. Weltkrieg am eigenen Leib den Zusammenbruch ihrer Welt. Sie war lange Zeit Lehrerin in Deutschland und Südamerika. Bis heute hat sie mehr als 15 Jugendromane von frappierender Qualität geschrieben. Viele über den 2. Weltkrieg. Ihre "Friedensgeschichten" sind längst ein Klassiker.
Tipp: Die Ausgabe von "Die Wolke" erscheint im Rahmen der 'SZ Junge Bibliothek' gebunden zum Taschenbuchpreis. [vw: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a114348


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