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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #478 vom 27.03.2006
Rubrik Kolumne

Sal's Prog Corner #53

Der Frühling ist nun doch gekommen (noch ist er sehr zaghaft) und mit ihm eine Flut von Neuveröffentlichungen im Progressive-Rock-Sektor. Sieben musikalisch bunte Alben stellt die Prog Corner heute vor, als Soundtrack für die erwachende Natur sozusagen.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, doch ich habe die Wärme und die Sonne sehr vermisst. Hoffentlich haben wir bald wieder die Gelegenheit, unsere Lieblingsmusik auf dem Discman bei einem Spaziergang durch die Natur genießen zu können.
Bis dahin, ihr wisst schon: Keep on proggin'... [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Strangefish "Fortune Telling"

Quelle: http://www.justforkicks.de

NeoProg – Leichtere Kost, wahrlich nicht schlecht gemacht
(CD; Strangefish)

Der NeoProg stagniert. Jene Progressive-Rock-Variante, die in den 1980er Jahren durch Bands wie IQ und Marillion populär wurde, gilt heute als etwas peinlich, anbiedernd und zu glatt. Selbst ihre ehemaligen Vorreiter haben sich deutlich vom Sound früherer Alben distanziert. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Bands, die in diesem Sound Alben veröffentlichen; Alben, die kaum einer hören möchte.
Auch die britische Formation Strangefish spielt auf "Fortune Telling" im Großen und Ganzen typisch NeoProg. Erfreulicherweise ist das Quintett aber nicht allzu epigonenhaft. Ihr Sound entspricht zwar durchaus dem 'frühen Marillion Sound'-Klischee, aber die Musiker um den exzellenten Sänger Steve Taylor verfügen über genügend Kreativität, um nicht als billiger Abklatsch zu enden. Dabei ist auf dem Album längst nicht alles Gold, was glänzt: Es gibt immer wieder Tracks, die man getrost skippen kann. Andere hingegen (etwa "The Ignorance of Bliss" oder "This Is Me") bleiben erst einmal im Ohr hängen und sind, ob man das Genre nun mag oder nicht, absolut überzeugend.
Unterm Strich bleibt ein überdurchschnittliches NeoProg-Album mit guten Kompositionen, sehr guter Gitarre, geschmackvollen Keyboardparts und einem überzeugenden Frontmann. [sal: @@@]


Poor Genetic Material "Spring Tidings"

RetroProg – Der vierte und letzte Teil des Jahreszeiten-Zyklus
(CD; Quixote)

Mittlerweile mit einem neuem Drummer (Dominik Steinbacher) an Bord und zum Quintett erweitert, präsentiert die südwestdeutsche RetroProg-Formation Poor Genetic Material mit "Spring Tidings" ihren vierten und letzten Teil im Jahreszeiten-Zyklus.
Nach "Summerland", "Leap Into Fall", dem nicht ganz bei mir zünden wollenden "Winter's Edge" und dem Archiv-Album "Free To Random", legt die Band um Keyboarder Philipp Jaehne und Gitarrist Stefan Glomb ihr bis dato reifstes Werk vor. Dies ist ein Album, frühlingshaft wie eine Wiese in der freundlichen Sonne: Viele kleine Details entdeckt man erst bei genauerer Betrachtung. Dabei verlässt sich die Band nicht mehr so stark auf die charismatische Stimme des Sängers Philip Griffiths (Alias Eye), sondern baut stattdessen einen im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtigen Sound um leicht scheinende, in Wirklichkeit hübsch verschachtelte Kompositionen. Das bringt die zauberhafte Musik auf dem Album besser zur Geltung und unterstreicht die gute und dieses Mal variantenreichere Gesangsleistung von Griffiths: Weniger ist eben mehr. Der Frühling ist da und hat mit "Spring Tidings" einen ersten Soundtrack. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


The Flower Kings "Paradox Hotel"

RetroProg – Alle Jahre wieder...
(2CD; InsideOut)

Es hätte schlimmer kommen können mit dem neuen Album der schwedischen Prog-Formation The Flower Kings, zeigte die Formkurve der Mannen um Bandkopf Roine Stolt in den letzten Jahren doch kontinuierlich nach unten. Eigentlich hat man sich auf dem neuen Album "Paradox Hotel" ganz manierlich aus der Affäre gezogen. Wie erwartet liefern die Blumenkönige auch dieses Mal eine perfekte Kopie des 1970er-Jahre-Yes-Feelings, gespickt mit den üblichen Genesis-, King Crimson- und Beatles-Zitaten und hätte man das nicht alles schon auf neun vorangegangenen Studio-Alben hören können, würde ich mich wahrscheinlich enthusiastischer äußern. So bleibt der fade Nachgeschmack einer Band, die entweder völlig berechnend den 'Massengeschmack' der Szene wiedergibt oder (und das glaube ich fast mehr) die keinen Millimeter Entwicklungspotential mehr in sich trägt und sich nur noch selbst reproduziert.
Für jene, die die Band noch nicht kennen, ist "Paradox Hotel" nicht einmal ein schlechter Einstieg in deren Klangkosmos, für alle anderen Nicht-Fans ist es im Grunde eine überflüssige Produktion. [sal: @@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Naikaku "Shell"

ProgMetal/Fusion – Hochinteressantes Außenseiter-Album aus Japan
(CD; Musea)

Die japanische Formation Naikaku besteht in der Essenz aus dem Bassisten Satoshi Kobayashi und dem Flötisten Kazumi Suzuki. Es sind auch ihre beiden Instrumente (in der wirklich ungewöhnlichen Kombination), die den Sound des Albums maßgeblich prägen und unter vielen instrumentalen Produktionen, gerade aus Japan, herausheben. Verstärkt werden die beiden durch diverse Gastmusiker an Drums, Gitarre, Trompete und Keyboards. Das Ergebnis ist eine energiegeladene Mischung aus Fusion und ProgMetal und ein Album mit 60 Minuten überraschend abwechslungsreicher virtuoser Instrumental-Musik.
Die Scheibe dürfte nicht eben leicht in jedem Laden zu finden (oder zu bestellen) sein. Etwas Geduld bei der Suche könnten sich aber durchaus lohnen. [sal: @@@@]


Canvas Solaris "Penumbra Diffuse"

TechMetal – Musik für den technisch anspruchsvollen Hörer
(CD; Sensory)

TechMetal, also technisch anspruchsvollster, komplex strukturierter und akzentuiert gespielter Metal, gilt in der Szene als ein Genre mit Zukunft. Derweil die Mainstream-Bands den Massengeschmack bedienen, wenden sich TechMetal-Bands an ein technisch anspruchsvolles Publikum. Nicht selten sitzen Musiker selbst auf den Konzerten dieser Bands und begutachten kritisch jede Fingerbewegung auf der Bühne.
Zu den interessantesten Bands dieses Genres gehört mit Sicherheit das US-amerikanische Trio Canvas Solaris, das mit "Penumbra Diffuse" schon ihren zweiten Longplayer vorlegt. Der ist ähnlich gut gelungen, wie das seinerzeit Aufsehen erregende Debüt "Sublimation" (2004) und bietet 50 Minuten überzeugenden Metal höchster technischer Güte. Das Erfreuliche an diesem Album ist, dass es eben auch über den Tellerrand des Genres schielt und Einflüsse von gemäßigteren, nicht aber weniger technischen Bands (etwa King Crimson) aufnimmt. Das macht das Album auf Dauer abwechslungsreicher und auch für jene interessant, denen TechMetal bisher immer zu kalt, zu klinisch, zu konstruiert und zu perfekt vorkam. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Moon Safari "A Doorway To Summer"

Quelle: http://www.justforkicks.de

RetroProg – Die neuen Flower Kings?
(CD; Blomljud)

Wem das letzte (oder die letzten) Flower Kings-Alben zu verkrampft und zu uninspiriert vorkamen, der sollte sich unbedingt das Debüt des blutjungen schwedischen RetroProg-Quintetts Moon Safari "A Doorway To Summer" anhören. So locker und leicht kann das also klingen! Schöne, fließende Vokal-Arrangements mit gleich zwei exquisiten Leadsängern, hauptsächlich zurückgenommene, relaxte Tempi, sympathische Melodien und nur wenig Langatmiges, eine Krankheit, an der ja weiß Gott viele Progressive Rock-Bands leiden. Moon Safari scheinen instinktiv (fast) alles auf Anhieb richtig zu machen, um dem Mainstream seinen bitteren Beigeschmack zu nehmen. So einfach geht das!
Tomas Bodin, Keyboarder der Flower Kings, stand den Debütanten hilfreich als Produzent zur Seite und half, damit sich die talentierten Schüler gleich mit ihrem ersten Album vom Spätwerk der Vorbilder positiv absetzen. Mit hoffentlich mehr Mut zu einem eigenen Stil kann aus Moon Safari schon beim nächsten Album ein weiterer schwedischer Exportschlager in Sachen Progressive Rock werden. [sal: @@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Soft Machine "Floating World Live"

Canterbury/Fusion – Exzellenter Radiomitschnitt vom 29.1.1975
(CD; Moonjune)

Es hätte die x-te Wiedergeburt des Künstlerkollektiv-Chamäleons Soft Machine werden können, als der Spitzengitarrist Allan Holdsworth anheuerte, doch kaum war er da, schon verließ er die Band wieder. Dieser phantastische Radio Bremen-Mitschnitt dokumentiert einen der wenigen Live-Auftritte der 1975er-Besetzung und präsentiert eindrucksvoll die neuen musikalischen Möglichkeiten, die sich der Band mit dem Ausnahmegitarristen Holdsworth boten.
Schrieb ich in meiner Rezension zum Sampler "Out-Bloody-Rageous", dass Soft Machine nach 1973 "nur noch austauschbaren Fusion spielten", so muss ich mein Urteil nach "Floating World Live" revidieren. Nur kurz währte die Holdsworth-Phase bei Soft Machine (und danach wurde es wirklich austauschbar), aber hier wurde noch ein letztes Mal kreative und improvisierte Musik allerhöchster Güte gespielt, die gerade auf diesem zum ersten Mal in dieser Qualität vorliegenden Live-Mitschnitt sehr gut zur Geltung kommt. Fusion, ja – aber eben keinesfalls austauschbares Genudel. "Floating World Live" ist ein unverzichtbarer Appendix zur Soft-Machine-Diskographie. [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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