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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #444 vom 11.07.2005
Rubrik Live - Musik spüren

Foo Fighters und R.E.M., 1.7.2005, OpenAir St. Gallen

Die Foo Fighters und R.E.M. als Highlights einer ausverkauften, durchwachsenen St. Galler Freiluftveranstaltung

"Wir sind keine Reggae-Band", witzelt Dave Grool, Chef der Foo Fighters, stimmt einige lässig-entspannte Takte an und schließt sie mit einem kräftigen Rülpser ab. Beides wäre nicht notwendig gewesen: Mit sechs nahtlos ineinander übergehenden kraftvoll-lärmigen Songs als Einstieg haben sich die Foo Fighters sofort klar und unmissverständlich positioniert.
Unberechtigt war Grohls Hinweis auf den dahinplätschernden, farblosen Auftakt des Open Airs St. Gallen nicht. Plenty Enuff und Patrice boten durchschnittlichen Weichspül-Reggae, The Bravery klauten selbst noch den dünnen Klang bei ihren Vorbildern aus den 1980er Jahren. Immerhin klangen die gefühlsduseligen Moneybrother satter als erwartet. Patent Ochsner hingegen sind endgültig im Einheitsbrei angekommen. Mit einfallslosen Weltmusik-Anklängen wollte man Vielfalt demonstrieren und landete in der Beliebigkeit.
Vor diesem Hintergrund war es für Dave Grohl und seine Foo Fighters kein Problem, mit einem recht durchwachsenen Konzert die Tagesführung zu übernehmen. Mit dem letzten, lang erwarteten Album "In Your Honor" hatte Grohl neue, sensible Töne angeschlagen, die Hoffnung auf ein heftiges Konzert mit akustischen Zwischenspielen machte. Er hat sie nicht erfüllt. Schon das Motörhead-T-Shirt des Bandleaders machte klar, aus welcher Schule die Foo Fighters kommen und welcher Bestimmung sie folgen würden. Besonders wenn Grohl frühe Songs wie "Fingernails Are Good" bringt, ist seine Herkunft offensichtlich. Da schwingt – ohne unangenehm zu wirken – unweigerlich Nirvana mit. Das auch heute noch berückend wirkende Grunge-Konzept, die lärmenden Gitarrengewitter unmittelbar mit kurzen lyrisch-sanften Passagen zu brechen, kennzeichnet auch die Foo Fighters. Teilweise recht raffinierte Tempiwechsel sorgen bei den durchweg schnörkellosen Songs für Hochspannung. Wenn sich die Foo Fighters aber abseits von Hardrock-Knallern bewegen und etwa bei einem ausgedehnten soulig-sanften Intro ein wenig Ruhe einkehren lassen wollen, zerfasert das Set. Sofort wird offensichtlich, dass Grohls optimales Ausdrucksmittel – seine Stimmbänder scheinen so stark wie Lance Armstrongs Oberschenkel – der Schreigesang ist und seine Stimme nicht wandlungsfähig. Geradezu peinliche Gitarrensolos – einmal im Zwiegespräch mit dem Schlagzeuger, ein anderes Mal mit dem zweiten Gitarristen – sind weitere Tiefpunkte eines eigentlich druckvollen und energetischen Sets.
Dass man – zumindest für die hinten stehenden Zuseher – auch zu leise heftig rocken kann, bewiesen dafür R.E.M., deren Auftritt zudem eine sportliche Dimension erhielt: Sie lieferten nur wenige Stunden nach dem Auftritt beim Londoner Live-8-Konzert auf dem Sittertobel die zweite Show an einem Tag ab. Doch nur ein Mal, beim ohnehin eher durchschnittlichen "Wonderlust", meinte man etwas Müdigkeit zu spüren. Es sollte ein kurzer Tiefpunkt bleiben. Mit raumgreifender Gestik interpretierte Michael Stipe eine ganze Parade seiner exquisiten Songs, die überwiegend heftiger angeboten wurden, als man es von den Alben gewöhnt ist. Besonders die Songs des neuen Albums "Around The Sun" haben durch die Live-Arrangements gewonnen. Zum typischen transparenten R.E.M.-Sound gesellte sich zum Beispiel die einer Industrial-Band alle Ehre machende kalt sägende Gitarre in "The Outsiders" und zwischendurch auch mal eine knirschende Feedbackorgie. Fast alles saß, und dass sich der Sound ausgerechnet beim großen Abschiedslied "Man On The Moon" zu einem schwer verdaulichen Brei verdickte, war ein Wölkchen, das die ansonsten sonnige Stimmung nicht trüben konnte. [ms]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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