#442 vom 27.06.2005
Rubrik Texte - lesen oder hören
Kinky Friedman "Ballettratten in der Vandam Street"
Krimi: "Der zeitgemäßge Zwitter aus Groucho Marx und Sam Spade"
(brosch.; Edition Tiamat)
Kinky Friedman sei "der zeitgemäße Zwitter aus Groucho Marx und Sam Spade", jubelte die Chicago Tribune schon vor Jahren. Und ex-US-Präsident Bill Clinton schrieb ihm aus dem White House: "I have now read all of your books–more please–I really need the laughs."
Auch nach 19 Jahren ist der jüdisch-texanische Country-Musiker und Krimi-Autor Richard "Kinky" Friedman (*1944) noch ein Geheimtipp und mit jedem seiner mittlerweile 18 in Buchform vorliegenden Fälle (allerdings sind die neusten Fälle noch nicht auf deutsch erschienen) bietet er seinen Lesern ein grandioses Ereignis.
Die Zutaten dazu entlehnt er einem bizarren, einzelgängerischen Leben: Friedman bewohnt ein Loft in der Manhattaner Vandam Street 199B, nur mit einem Lastenaufzug zu erreichen, da es ein ehemaliges Lagerhaus ist. Im Loft wohnt auch Kinkys Katze, die Kinky fortwährend in seine Gedankenwelt einweiht und ihre Blicke mal so, mal so deutet. Dann ist da ein Schreibtisch mit zwei roten Telefonen ("beide an einem einzigen Anschluss"), eine Espresso-Maschine, ein hölzerner Puppenkopf, der auf die Straße geworfen wird, wenn Gäste den Kinkster besuchen wollen, eine Sherlock-Holmes-Büste, die Zigarren enthält. Über Kinky wohnt Winnie Katz, die dort eine Lesbentanzschule betreibt. Das Milieu umfasst auch einen Freundeskreis, den er 'Village Irregulars' taufte, denn "wie oft war ich nicht in Einsamkeit ertrunken, und nie waren sie für mich dagewesen".
Der jetzt in deutscher Ãœbersetzung erschienene Fall "Ballettratten in der Vandam Street" (original: "Spanking Watson", 1999) ist, wenn ich nicht irre, der 10. Fall des Kinksters. Ausgangslage:
"Es war Montag Morgen, und die Katze und ich starrten beleidigt zum mondkratergroßen Loch in der Decke des Lofts hoch. Das Loch war zweifellos auf Winnie Katz und das unablässige Stampfen ihrer Lesbentanzschule auf dem Fußboden in dem Loft über meinem zurückzuführen. Nachdem ich am Vortag aus dem Gottesdienst in der Kirche der Heiligen Matratze gekommen war, hatte ich endlich Rambam an den Apparat bekommen, und er hatte versprochen, Joe-die-Hyäne anzurufen, der ein paar handverlesene Mitglieder der Internationalen Bruderschaft der Elektriker zusammentrommeln sollte. Er hatte auch versprochen, heute morgen pünktlich um acht mit den Handwerkern aufzutauchen. Jetzt war es Viertel nach zehn, und bis auf die Katze und mich war das Loft leer."
Einer nach dem anderen werden die mafiösen Handwerker auftauchen, dann die Village Irregulars. Und Kinky, unser Hobbydetektiv, wird seine Freunde auf Winnie Katz ansetzen, um sich an ihr wegen der eingestürzten Decke zu rächen. Dass er ihr damit das Leben retten wird und einem Paten die Tochter zurückbringt, kann Kinky jetzt noch nicht ahnen. Wieder wird sich Kinky in Selbstgespräche mit seiner 'republikanischen' Katze verstricken, über Hitler, Bob Dylan, Van Halen, den Kunstfurzer Le Pétomane, Jesus, die Magna Charta und eine Babyhyäne sinnieren. Auch die Einsamkeit an sich kommt nie zu kurz.
Hinreißend konstruiertes, authentisches Leben, in dem ein Kriminalfall als kleinstes Übel erscheint. Reite weiter, Kinky! Frage: Wann liest Christian Brückner deine Fälle endlich als Hörbücher?! [vw: @@@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#475: Kinky Friedman "Greenwich Killing Time"> [vw:Â @@@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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