#433 vom 25.04.2005
Rubrik Tipp der Woche
Pino Minafra & Sud Ensemble "Terronia"
Multi-Jazz aus Italien – Ultramarinblaue Trompeten-Melancholie trifft auf glutäugig mediterranen Wanderzirkus
(CD; Enja / Soulfood)
Der aus Süditalien stammende Komponist und Posaunist Pino Minafra, Gründer des Italian Instabile Orchestra, verbindet auf seinem Album "Terronia" mediterrane Glutäugigkeit aus einem imaginären Süden mit vitaler, ultramarinblauer Trompeten-Melancholie und Derivaten des Jazz der sechziger Jahre. In diesem Geniestreich ist nichts zusammengeleimt oder zufällig ineinander geschachtelt. Dieses makellose, sensibel ausbalancierte Mosaik aus vielen glitzernden Farben zeigt keine Nahtstellen und leistet sich nicht die geringste Schwäche. Das Album von Pino Minafra & Sud Ensemble gleicht eher einem organisch gewachsenen, aber ziemlich wilden Zaubergarten.
Mit der Unterstützung des ganz und gar wundervollen Frauen-Vokalquartetts Faraualla, sowie dem Meridiana Multijazz Orchestra – zu dem auch elektrische Gitarre und Akkordeon gehören – gilt es einer auralen Erfahrung der besonderen Art beizuwohnen. Spielerische Herausforderung und Vergnügen pendeln zwischen Immateriellem und Grenzenlosem. Dazu Kirchenmusik, Folklore, Choräle, China-Gong, Art-Jazz, Swing, Cubanismo, Rock-Drama, Banda-Musik, Balkan-Gebläse, Dschungelbuch, Wanderzirkus, Nino Rota, Morricone-Elegien, Humpa-Blech, Humor, Ironie, Neruda-Texte, Rhythmus und Scat-Gesang. "Terronia" ist sarkastisch, lyrisch, verspielt, feurig, kathartisch, verzaubernd, spirituell, karnevalistisch, berührend – oder anders ausgedrückt: Diese tanzenden italienischen Grillen sind einfach überwältigend. Wahrhaft perfekten Alben begegnet man auch als Viel-Hörer viel zu selten. Hier wäre ein solches zu entdecken. [gw: @@@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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