#432 vom 18.04.2005
Rubrik Texte - lesen oder hören
Erwin Einzinger "Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik"
Roman – Popmusikwissen in literaturpreisverdächtige Hochkultur versprachlicht
(Geb.; Residenz)
Erwin Einzinger ist eifriger Hörer und Sammler – und scheinbarer Chronist. Sein Roman "Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik" ("AdGdU") führt ein ganzes Arsenal an Musikern auf, das Personenregister ist so fett wie das einer Enzyklopädie: Von Peter Alexander und B.B. King über Hansi Hinterseer, Lydia Lunch, Iggy Pop und Tracey Thorn bis Neil Young und Frank Zappa.
Der Roman ist eine Ansammlung von Geschichtchen, gestrickt aus Fakten und Phantasie. Eine Idee gibt die andere und keine ist zu abstrus. Das klingt nach Monty Python, ist aber noch weniger lustig als Otto (die beide nicht vorkommen). "AdGdU" ist ein Vielpersonenroman ohne Hauptfigur und durchgehende Handlung. Hitler kommt öfters vor und am meisten wohl Andy Warhol. Alles ist Unterhaltung. Damit nicht nur Humor, sondern auch literarisch wertvolle Albernheit durchblitzt, gibt es Fußnoten, die meist ins Leere führen, weil sie völlig unnütze Informationen beinhalten. Damit mache sich der Autor über die gängige Faktenhuberei der Wissenschaft lustig, meint die Kritik. Zum Lachen ist das nicht.
Dabei ist die Grundidee von "AdGdU" – sich von Assoziationen leiten zu lassen und schelmisch Dichtung und Wahrheit zu vermischen – durchaus gewitzt. Sie wird von Einzinger aber mit Verbissenheit auf Originalität getrimmt. Da mag der Roman so hochgradig raffiniert sein – stellenweise ist er sogar ein bisschen amüsant – wie er will: Auf mich wirkt er wie bemühte Fleißarbeit. Aber was tut man nicht alles für einen Literaturpreis. [ms: @@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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