#424 vom 21.02.2005
Rubrik Neu erschienen
Johannes Achatz "[sla:f]"
Kabuki, Klavier, Jazz – Stummfilm-Klänge fürs Kino im Kopf
(EP; Anjol)
Gut zwanzig Minuten Tastengeklimper ohne Zutaten könnten nervig sein. Der Bad Rappenauer Jungkomponist Johannes Achatz tut uns diesen Gefallen aber nicht. Im Gegenteil.
Seine EP "[sla:f]" (plattdeutsch für Sklave) bewirkt trotz Minimalismus eine unerwartete Reaktion im Zuhörerkopf. Anna Karenina, Dr. Caligari, Buster Keaton, Scott Joplin, Gershwins Manhattan und andere Erinnerungen jagen durch die Canyons der Denkkoralle. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob uns der Künstler eine Art Kabuki-Jazz mit Kippe im Mundwinkel nur vormacht, listig die Sinnfrage zur Trennung von E- und U-Musik (unter besonderer Berücksichtigung einer zusammenwachsenden EU) ad absurdum führt, oder ihm gar eine gänzlich andere Intention vorschwebt. Dieser maskierte Zelluloid-Musikant braucht keine Filme. Sein Wirkungsbereich ist das Kino im Kopf. Auch eine Stilzuordnung ist nicht zwingend erforderlich. Ob das nun Pop, Jazz oder Neo-Klassik, Anti-Schubladenprogramm, Artificial Intelligence oder Geschmeide ist, diesen Klaviertönen kann man sich nicht einfach entziehen. Was eindeutig für die clever ambivalenten fünf Stücke spricht. Jeder Stummfilmvorführer wäre stolz auf diese Klavierbegleitung. Mal sehen, wie das weitergeht. [gw: @@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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