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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #422 vom 07.02.2005
Rubrik Texte - lesen oder hören

Stanislaw Lem / Dieter Hasselblatt "Die Lymphatersche Formel"

Hörspiel – Genie und Wahnsinn: Die Evolution greift zu einem Trick und der Mensch gerät zum Link
(CD; Audio Verlag)

"Was ist ein Elefant?" – wurde einmal eine Ameise gefragt, die nie einen gesehen hatte. "Das ist eine sehr, sehr große Ameise." – entgegnete sie. Vom Kleinen und vom Großen handelt auch diese Geschichte.
Homo sapiens, Primaten und die Sache mit der Intelligenz. Der Mensch verliert ein Viertel seines Lebens mit dem Erlernen von Fähigkeiten. Vögel und Insekten müssen so gut wie nichts lernen, fast alles ist von Beginn an vorhanden. Dieses lebensnotwendige, apriorische Wissen bringen sie fast vollständig mit auf die Welt. Was würde es bedeuten, wenn auch der Mensch mit einer solchen Fähigkeit ausgestattet wäre? Der Sohn von Einsteins Sohn, mit der vererbten Intelligenz und dem gesamten Wissen des Originals und dessen Nachkommen? Nun ist es nicht so, dass einige Dinge beim Homo sapiens nicht von Anfang an funktionierten. Herz und Eingeweide müssen nichts erlernen, sie sind sofort gescheit. Es wäre auch äußerst fatal, wenn z.B. vegetatives, symphatisches oder parasymphatisches System sich erst einmal einarbeiten müssten, um zu begreifen, wie dieses Körper-Ding eigentlich funktioniert. Tschüß, Homo sapiens.
Einst war Ammon Lymphater ein brillianter und berühmter Wissenschaftler mit einer glänzenden Zukunft. Er kennt sich mit Komitanten der Affinoren höherer Krümmungen aus und ist vertraut mit nichtholonomen Systemen. Nun haust er als Bettler und mittelloses Genie neben der Welt. Und das nur, weil er über Acanthis Rubra Willinsoniana, eine kleine rote Ameise aus dem Amazonas-Zuflussgebiet, stolperte. Bei einer Tasse Kaffee erzählt der Forscher einer aufmerksamen Zufallsbekanntschaft seine schier unglaubliche Lebensgeschichte. Die Frage ist: Was, wenn die Krönung der Schöpfung nicht das endgültige Ziel der Evolution, sondern nur ein Trick ist, um mittels Werkzeug Mensch die wahre Schöpfung zu ermöglichen? Sie kann es schließlich nicht so machen wie ein Ingenieur, der, mit der Lösung unzufrieden, einfach die Maschine zerlegt, einen neuen Plan zeichnet und verschiedene Teile neu zusammensetzt. Die Evolution lebt von Verbesserungen, Vervollkommnungen und Ergänzungen (ähnlich einer Computererweiterung). Lymphater kennt die Antwort und seine Forschungen führen schließlich zum Bau einer biomechanischen Maschine, die augenblicklich weise ist. Ein System mit sofortigem, allumfassendem Wissen: Machina omnipotens.
Stanislaw Lem, der dem komplexen Zustand der Wissenschaften stets gerecht wird, übersieht dabei nie, dass Science Fiction immer zuerst auch spannend sein muss. Dies trifft auch hier zu. Keine Lesung, wie der Verlag uns weismachen will, sondern ein lupenreines Hörspiel. Dieter Hasselblatt hat die Novelle "Formula Lymphatera" des polnischen Philosophen und Zukunftspessimisten in Monologform inszeniert und Martin Held ("Rosen für den Staatsanwalt") setzt darin zum großen Solo an. Eine Sternstunde in Phantasmagorie und famosem Hör-Theater. [gw: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a112887


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