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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #414 vom 29.11.2004
Rubrik Texte - lesen oder hören

Volker Kühn "Neuss Total. Wolfgang Neuss, der Mann mit der Pauke"

H̦rbuch/Feature РStationen aus dem Leben eines Auf- und wieder Absteigers oder Wie man revoluzzt und dabei auch noch Lampen putzt
(2CD; Bear Family)

"Ich kann nicht lauter schweigen" wird der Alleskönner mit Herz und Kodderschnauze, das Glanzlicht der deutschen Kabarettgeschichte, einmal von sich sagen. Als gestern noch heute war, erwieß sich Wolfgang Neuss alles andere als gestrig. Im Gegenteil. Er lebte voll in seiner Zeit, rieb sich an ihr, war ihr oft genug sogar voraus.
Zunächst Ostfront-Soldat, dann Truppenbetreuer, Tingeltangel und Conférancen. Erste Erfolge. Kontakte mit der Zunft der Nörgler werden vertieft. Neuss macht tagsüber Radio und Fernsehen, spielt abends Theater ("Was ihr wollt", "Dreigroschenoper") und steht Mitternacht auf der Kabarett-Bühne. Er wirkt in Musicals mit ("Kiss me Kate"), landet Schlager-Hits ("Ach das könnte schön sein", "Schlag nach bei Shakespeare") und das Programm mit seinem Co-Partner Wolfgang Müller füllt die Waldbühne. Gleichzeitig kommen Filmrollen ("Wir Wunderkinder", "Das Wirtshaus im Spessart", "Kellerkinder"). Neuss schreibt Drehbücher, führt Regie. Wolfgang Müller stirbt bei einem Flugzeugabsturz. Der neue Neuss spielt fortan Solo. Es wird das scharfzüngigste Polit-Kabarett, das Deutschland je erlebt hat ("Das jüngste Gerücht"). Neuss liebt Skandale, lebt seine Widersprüche und gründet eine Zeitung ("Neuss Deutschland"). In Hamburg trifft der Mann mit der Pauke den Mann mit der Gitarre (Wolf Biermann). "Neuss Testament" mit Jazz-Begleitung und Villon-Texten entsteht. Ein brilliantes Kleinkunst-Feuerwerk. Es folgen SPD-Parteiausschluss und beinahe das Exil in Schweden. Dann aber doch lieber bissiges Kabarett. Ein Bunter Abend für Revolutionäre wird das letzte Programm ("Asyl im Domizil").
Danach Resignation, Kurztrip nach Chile, Tabletten, Drogen. Vom sozialen Gewissen zur Sozialhilfe. No Neuss at all anymore. Was folgt, ist Leben jenseits der Norm. 20 Jahre Stadtindianer mit Wohnsitz Charlottenburg und eine Kolumne in der taz. Der Aussteiger zeigt sich noch einmal hellwach im Talk mit Weizsäcker. Das TV-Ereignis des Jahres 1983. Am 5. Mai 1989, kurz vor dem Mauerfall, beendet Wolfgang Neuss seinen Gang in die Stille. Und bleibt unvergessen.
Das lange, hochinteressante Portrait von Volker Kühn (mit Dieter Mann als Erzähler) zeichnet die Stationen des Berliners aus Breslau mit vielen Zitaten (gesprochen von Robert Gallinowski) und teilweise auch seltenen Originaltönen nach. "Neuss Total" macht aber vor allem eines: Lust auf viel mehr Neuss. Am liebsten total. Bear Family übernehmen Sie! [gw: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a112573


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