#405 vom 27.09.2004
Rubrik Neu erschienen
The Dresden Dolls "The Dresden Dolls"
Kleinkunstrock
(CD; Eight Foot)
Tanz auf dem Vulkan am Vorabend der Apokalypse: Angesichts des Weltkriegs trieben es die Berliner in den Cabarets der 20er Jahre mit stürmisch-rabiaten Programmen auf die Spitze. The Dresden Dolls – aus Boston, der europäischsten der US-amerikanischen Städte – sind, wenn nicht inhaltlich, so doch optisch und musikalisch eine Reminiszenz an die Zeit der Weimarer Republik. Amanda Palmer und Brian Viglione stehen damit völlig abseits des Musikbetriebs und dürfen gerade deswegen einen kleinen Höhepunkt erleben. Schön. Denn das Duo schneidert mit wenigen Instrumenten eingängig-kantige und exaltierte Songs – zerbrechlich und kraftvoll, sanft und furios, melodisch und trotzdem eckig und hart. Aber so offensichtlich die Assoziationen – unterstützt durch weiß geschminkte Gesichter und ein pathetisch-trashiges Booklet im Georg-Grosz-Punk-Stil und natürlich durch simple, aber markant instrumentierte Kleinkunst-Songs wie "Missed Me" oder "Coin-Operated Boy" – auch sind: Die Dresden Dolls sind moderne Kleinkunstrocker, die den kunstvoll-schlichten Song ("Good Day", "Truce") genauso drauf haben wie die Pop-Verballhornung ("The Jeep Song"), und neben einem hektisch-überdrehten Song im B-52's-Stil ("Girl Anachronism") immer wieder mit einfachen Mitteln die pathetische Opulenz einer Rockoper beschwören ("Good Day", "The Perfect Tit"). Kleinkunst? Großkunst! [ms: @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#584: The Dresden Dolls "No, Virginia..."> [dmm:Â @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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