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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #403 vom 13.09.2004
Rubrik Live - Musik spüren

King Khan & His Sensational Shrines, 8.9.2004, Nürnberg

Wo sind sie hin, all die Exzentriker, all die Madmen des Soul, Blues und Rock'n'Roll? Screaming Jay Hawkins stemmt seinen Sarkdeckel nie mehr auf, Little Richard sitzt dick, fromm und alt in Beverly Hills, James Brown und Wilson Pickett halten sich mit müden Oldie-Shows über Wasser. Aber keine Sorgen, das Jenseits spuckt sie alle wieder aus, in anderen Transformationen zwar, aber immer noch wild, gefährlich und betörend.
King Khan ist so eine Wiedergeburt, ein manischer Inder mit afrikanischem Blut, ein Rhythm&Blues-Maniac der alten Schule. Seine Sensational Shrines, acht mitgenommen aussehende Vollblut-Musiker an Gebläse, Drums, Percussion, Bass, Gitarre und fauchender Orgel, pumpen einen treibenden Soul-Beat in den Nürnberger Club 'Rakete' und der König betritt den Thronsaal: Altdeutsche Pickelhaube auf den schwarzen Locken, ein wuchtiger, von einem Totenschädel gekrönter Zauberstab in der Linken, am rechten Arm eine entrückt grinsende Voodoo-Schönheit im knappen Kleidchen: Eine Szene wie aus einem 60er Jahre B-Movie. Khan stößt einen manischen Schrei aus und spuckt mit einer Stimme wie geraspeltes Alteisen unverständliche Silben ins Auditorium, die Tänzerin schüttelt sich wie vom Leibhaftigen besessen. Der Funke springt ohne Vorwarnung auf's vornehmlich junge Publikum über, das die hundert musikhistorischen Querverweise in dieser Freak-Show zwar nicht kennen mag, aber die Energie, Gefahr, den Sex und die Lebenslust, die hier überkocht, gierig inhaliert. Das Gaspedal bleibt fast durchgehend durchgetreten: Rhythm&Blues, klassischer Soul, Funk und Rock'n'Roll der alten Schule, leidenschaftlich und nostalgiefrei dargeboten, ein Adranalinstoß, eine hemmungslose Messe für die Körperlichkeit. Das ist nicht neu und die Schockwirkung ist freilich auch längst dahin, aber es funktioniert immer noch. Die Lebensgeister des Rock'n'Roll sind intakt. Und die Rakete hebt ab. (Erstveröffentlichung in den Nürnberger Nachrichten am 10.9.2004) [pg]


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