#384 vom 05.04.2004
Rubrik Feature
Krise, wessen Krise?
An der aktuellen, großen Krise gibt die Musikindustrie vornehmlich illegalen Brennern und Downloadern die Schuld – wohlgemerkt bisher immer noch ohne adäquate Unternehmungen, diesen offenbar vorhandenen Markt selbst mit einem legalen Angebot zu bedienen – und quält dafür legale Tonträgerkäufer mit Kopierschutz, der Klangqualität bzw. Spielbarkeit auf Auto-Playern und gerade besseren Hi-End-Geräten mindert.
Argumentiert wird mit Zahlen, die Rückgänge von CD-Verkäufen und Zuwächse von verkauften Rohlingen gegenüberstellen. Was letztlich gebrannt wird, das wird allerdings kaum untersucht. Denn entsprächen mehr verkaufte Rohlinge in etwa weniger verkauften Leerkassetten, dann hätte sich außer dem Medium ja eigentlich nicht viel geändert, denn:
- Pfennigfuchser gab's auch schon vor der widerlichen 'Geiz ist geil-Kampagne'.
- 'Mixtapes' sind ja wohl immer noch – wenn schon nicht erlaubt – dann wenigstens geduldet; sie sorgen zudem nicht selten für Verbreitung unbekannterer Songs und Künstler und bewirken im Langzeiteffekt nicht selten den Erwerb physischer Tonträger.
- Das von manchen Künstlern und Bands gebilligte Weiterreichen von Live-Mitschnitten stärkt vornehmlich die Fanbase, also die Wertigkeit des Künstlers, was sich letztlich selbst in sogenannten Krisenzeiten im Hinblick auf CD-Verkäufe stabilisierend auswirkt (s. Metallica, Pearl Jam, Phish, Grateful Dead, Dylan u.a.).
- An kopierten weil nicht mehr erhältlichen Titeln sind die Konzerne selbst schuld, das schon vor Jahren angekündigte Press-On-Demand-Konzept wurde außer von Rhino (Handmade) jedenfalls nicht konsequent weiterverfolgt.
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