#353 vom 11.08.2003
Rubrik Tipp der Woche
Kraftwerk "Tour De France Soundtracks"
Elektro-Pop – die alten Herren können es noch
(CD, LP; Klingklang)
Abgesehen von einer mehr als verdienstvollen Vergangenheit, sind Kraftwerk tatsächlich auch heute noch auf der Höhe der Zeit und ihres Genres. Nach ihren bahnbrechenden Alben "Autobahn" (1974) und "Trans Europa Express" (1977) widmen sich die Elektronik-Pioniere (quasi eine lose Reihe von Konzept-Alben wieder aufnehmend) einmal mehr dem Mythos Bewegung, heuer der Tour De France, die sie schon 1983 mit der gleichnamigen Single verewigten (und die sich remixed als Bonus Track auf dem Album befindet). Dabei zeigen Kraftwerk einmal mehr ihr Talent, Bewegung in (synthetische) Töne umzusetzen und – dies scheint mir oft verkannt zu werden – ihre Texte effektvoll, auf das Wesentliche zu bloßen Wortketten zu reduzieren.
Kraftwerk gelingt, was scheinbar paradox ist: Ihre synthetische Musik wirkt lebendig, bildet quasi digital die Realität ab und übersetzt sie in einen ganz typischen Sound, in eine rein elektronische Sprache. Weit über die instrumentale Kunst der Musiker und Programmierer, die heute im Zeitalter von Hochleistungsrechnern niemanden mehr so recht beeindrucken will (anders als bei den Synthesizer-Monster-Schrankwänden der 1970er Jahre), ist es genau diese durchaus wirklichkeitsnahe Reproduktion der Lebendigkeit (der Technik ebenso wie des Menschen), die ihre Ausnahmestellung innerhalb der elektronischen Musik ausmacht, weil sie abstrakt wirkt und dennoch nicht völlig weltfremd ist. [sal: @@@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a110796